Ein infizierter Geistesmensch geht in der Pandemie in kein Spital, das ist ausgeschlossen. Er läßt sich auch in kein Spital verbringen. Der Geistesmensch befindet sich auf dem Pfad des Geistes und das bedeutet zu lernen sich selbst zu beherrschen; das ist das Einzige, das ein Mensch vollständig beherrschen kann. Er tritt wie Jedermann ein in die Welt mit einem Schrei, gleichermaßen auch sie, das weibliche Pendant. Die Welt erzwingt den ersten Atemzug, das ist nicht beherrschbar.
Er und gleichermaßen auch sie treten aus dem Leben durch Aushauchen desselben. Es wird in einem Leben, welches ernsthaft im Geiste geführt wird, darum gehen den letzten Atemzug selbst zu vollenden, das ist dann ein sich selbst vollendendes Leben, das gute Ende eines satten Lebens. Darum ist der Anschluss eines menschlichen Lebens an eine so genannte Beatmungsmaschine würdelos, denn sie verlängert das Leben über sein wie auch immer vorher bestimmtes Ende hinaus.
Über derartige lebensverlängernde Maßnahmen wissen sie in Österreich recht gut Bescheid. Tatsächlich sollte das 1806 zum Untergang bestimmte Heilige Römische Reich der Habsburger im Jahre 1938 noch einmal am so genannten Heldenplatz durch den Anschluss an die Beatmungsmaschinerie des Dritten Reichs, welche sich letztlich als Vergasungsmaschinerie erwies, wieder belebt werden unter Adolf dem Oberösterreicher.
Unter Geistesmenschen ist es nicht nur erlaubt derart kühne Parallelen zu ziehen und Analogien zu bilden, sondern es dient vielmehr der Distinktion von Personen, die sich als Journalisten unter die Geistesmenschen haben akkreditieren lassen und dort aber nichts verloren haben, das sie mit ihren Methoden und mit Hilfe ihrer berufsmäßig ausgebildeten Anlagen wiederfinden könnten. Journalisten sind die Eintagsfliegen unter den Geistesmenschen und sie fliegen dadurch auf, dass sie sich empören über derlei Menschen verachtende Vergleiche, weil ja die Pflegekräfte, die unter Einsatz ihrer physischen Gesundheit und letztlich ihr eigenes Leben aufs Spiel setzend und darum als Helden stilisiert um das Leben der über ihre abgelaufene Lebensuhr hinaus Katapultierten, welche aller Vorausschau nach nie wieder richtig ticken werden wird, ringen, in die Nähe von Massenmördern gerückt werden. Für Journalisten erscheint es naturgemäß völlig absurd Lebensretter mit Masenmördern in einem Atemzug zu nennen und das ist, weil sie nichts verstehen von einem auf Geist hin bestimmtem Leben.
Die Pflegekräfte ringen nämlich ein auf Geist ausgerichtetes Leben auch schon einmal nach Kräften nieder, um es an die Beatmungsmaschine anschließen zu können. So berichtete mir tatsächlich ein größenwahsinniger und in seinem Stumpfsinn die darin liegende Selbstdenunziation nicht bemerken wollender Arzt, der mir, bevor ich ihn als Behandler meines Vaters kalt stellen konnte, anvertraute, dass seine Pflegekräfte wahrhaftig blaue Flecken davon getragen hatten, da mein Vater ihnen bei ihrem letztlich erfolgreich verlaufenen Versuch ihn auf dessen assistenzärztliche Anweisung an die Maschine anzuschließen, noch einzelne treffliche Hiebe verpassen konnte.
Nur in allerhöchster Verzweiflung, in einer prekären Lage, in die er durch Nachgiebigkeit, Unachtsamkeit oder Undiszipliniertheit geraten mag, leistet ein Geistesmensch einen aktiven und körperlichen Widerstand, der naturgemäß zwecklos ist. Dem Geistesmenschen geziemt es hingegen geistig Widerstand zu leisten und das bedeutet in Zeiten von Pandemie und nächtlicher Ausgangssperre sich heimlich und hinterrücks, gleichsam also in Wiener Manier, den Gefahren des ebenso heimtückischen Virus mit einer klammheimlichen Freude und einem innerten Vergnügen durch unaufdringlich wirkendes Kontakthalten auszusetzen, wo es irgend möglich ist ohne sich dabei erwischen zu lassen und dann aber geistesgegenwärtig und unbedingt allein zu Haus zu bleiben, sobald das Virus sie oder ihn erwischt haben.
25. April 2021
A.R.