Der Frau des Polykrates

Ich kenne Deinen Ring.
Er glänzt von Silber fein.
Du ließest ihn einmal
Auf meinem Nachttischlein.

Du warst schon durch die Tür.
ich lag noch übermannt,
Glückselig – da fiel
Dein Blick auf Deine Hand.

Die Furcht entging mir nicht.
Du kamst zurück gerannt.
War wirklich Furcht in Dir,
Ich hielte ihn als Pfand?

Ich bin so trickreich nicht.
Der Ring erschien mir hohl.
Von innen war er’s auch.
Ein treffliches Symbol.

Dem Ring gelingt doch nie,
Was nur die Seele schafft.
In ihm steckt nicht Magie.
Dein Herz liebt lau, ist schlaff.

Und würfst Du ihn ins Meer.
Ein Fisch brächt’ ihn an Land.
Dein wahres Glück entwich
Aus Deinem Horizont.

25.Mai 19
A.R.

Das Rezept
(Für Crepe suzette)

 

Bei Erfolg und Misserfolg
Geht’s meist um Kleinigkeiten.
Bei mir geht’s um Dekaden.
Ich bräucht halt andre Zeiten.
Für sie jedoch fand ich den Bogen raus.
Ich könnt mich dran berauschen.
Ich hör die Klitzekleinigkeit heraus:
Sie muß ihr Schlagzeug tauschen!

Es hängt nicht am Equipment.
Sauber spielt die Band.
Da ist bloß ein zu vieler
Sauberspieler.
Neben mir im Publikum
Steht einer, der sie kennt.
Er meint, am Schlagzeug säß ihr Mann.
Na das ist wirklich dumm
Und muß man wissen.
Mir schwant, der will sie observieren.
Das geht mir an die Nieren.
Ich muß pissen

Und muß denken:
Bei Erfolg und Misserfolg
Geht’s meist um Kleinigkeiten.
Bei mir geht’s um Dekaden.
Ich bräucht halt andre Zeiten.
Für sie jedoch fand ich den Bogen raus.
Ich muß nicht länger lauschen.
Ist besser gar ich geh nach Haus’:
Sie müsst ihr Schlagzeug tauschen.

Ich eil an meinen Platz zurück.
Vom Klo aus hör ich was.
Sie singt „Je parle haut“,
Sie covert ZAZ.
Süßes Mädchen,
Braucht es nicht ein bisschen Dreck
Für Funken?
Bräucht es nicht ein bisschen Rotz
In Deiner Stimme?
Braucht es nicht nen Traum
Statt Träumchen?
Braucht es nicht nen Kuss
Von nem Halunken
Hinterm Krausen Bäumchen?

Ich fand für Dich den Bogen raus.
Du musst Dein Schlagzeug tauschen!
Du brauchst Salz, Baby.
Ist kein Salz im Haus,
So womit willst Du salzen?
O Nachtigall, ick hör Dir balzen…

A.R. 20.3.19

Die Geigerin zu Gmünd

Es war einmal ne Geigerin
In Bilderstürmerzeit.
Die lebte zu Gmünd
Gleich bei der Kirche,
Die Cäcilia geweiht.

Sie war ne süße Träumerin
Bei vollem Mondenschein.
Einst stieg sie aus dem Bett
Hin zu der Kirche,
Die Cäcilia geweiht.

Geöffnet fand sie das Portal.
Dadraus drang Orgelei.
Sie streckte ihren Hals
Hoch zur Empore,
Wer so schön am Spielen sei.

Die ungesehne Orgelspielerin
Hielt ihr ne Violine hin.
Sie nahm sie einfach auf,
Fing an zu spielen:
“Ich bin die Carolin’.”

Sie spielten bis zum Morgengraun
Ihr nächtliches Duett.
Beim ersten Hahnenschrei
War ihr eingefallen,
Sie muss zurück ins Bett.

Verzückt vom Klang des Instruments
Legt’ sie die Geig’ beiseit’.
Und barfuß wie sie kam
Schritt sie fix von dannen:
“Leider, es wird Zeit”.

Beseelt, erschöpft, berauscht zugleich
Fand sie der Schlaf im Nu.
Zur festen Zeit erwacht
Fand sie zu den Füßen
Rein aus Gold nen Schuh.

Sie sah sogleich wem der gehört
Und suchte ein Versteck.
Das Bildnis vorm Altar
War aus purem Golde:
Cäcilias, o Schreck!

Den Schuh, sie fand ihn abgetrennt
Vom Fuß der Heiligkeit.
Das Volk stand aufgebracht.
Einer sah sie kommen:
“Du warst hier um Mitternacht!”

Beim Leben meiner Mutter Bild!
Ich war das niemals nicht.
Wer immer das erfand,
Er hats bloß gedichtet
Ihm zum Ruhm, mir zur Schand!”

Ihr Leugnen half ihr nicht.
Sie fanden den Beweis.
Sie war die Räuberin.
Hatte Gott gelästert:
So sahs auch Carolin’.

Die Menge trieb sie zum Schafott.
Sie schrie nie wie die Dubarry.
Sie nahm das Urteil an.
Statt ihr Spiel zu wiederholen,
Daß jeder hört und sieht:

Da lag kein Frevel drin.
Der Schuh wurd ihr geschenkt.
Darin lag tíefer Sinn.
Das Paar wär ihrs geworden:
O arme Carolin’!

Da rollt es nun dahin,
Ein gut katholisch Haupt.
Schau hin, Du Protestant:
Aus gings evangelisch
Nach dem, was sie geglaubt.

A.R. 8.12.18

Ich dachte bloß

Ich dachte bloß,
Wir reden drüber.
So Hand aufs Herz
Und nicht kopfüber.
So wahr für wahr
Und ohne Lüger.

Wir reden bloß
Von Du zu Du.
Nicht Mann,
Nicht Frau.
Ich weiß es auch nicht
So genau.
Ohn’ Hintersinn.
Du bleibst,
Wo Du bist
Und ich bleib,
Wo ich bin.

In einer Deiner
Wirklich freien Stunden
Könnten wir uns wieder finden
Statt aus des andern
Leben langsam
Zu entschwinden.

Ich dachte bloß,
Wir reden drüber.
Ganz ohne Arg
Im Hinterstüber’l.
So wahr für wahr
Und ohne Lüger.

Wir kämen leicht
Ins freie Spielen.
Blindlings täte Amor
Wieder auf uns zielen.
Wir schmissen bald
Die Förmchen weg
Und wälzten uns
Genüßlich im Dreck.

Ich sagte nur:
Ich dachte bloß,
Wir reden drüber.
Da war er schon,
Der erste Lüger…

A.R.
03.10.18

Beim Grablicht

Wie eine zarte Inschrift,
Verwittert von der langen Zeit,
Ein Bild von Dir im Kerzenschein
Um Mitternacht,
Die wachen Augen tief umrändert,
So sollten diese Verse sein,
Doch nein, sie neigen unverändert
Zu ewiger Verfallenheit.

6/8 Rot schon intus
Und ohne einen Grund
Die Dinge nüchtern zu betrachten
Hab ich den Ahornbaum
Statt Deiner umarmt,
Bin dran entlang geschlendert,
Bewegte mich in einer Gegenzeit.
Die Blätter neigen unverändert
Zu ewiger Verfallenheit.

Ich haucht’ ein Heilig Heilig.
Das Wort, es war dem Tod geweiht.
Lebendige Liebe
Liegt am Wegesrand
Und ihre Saat erstickt im Keim.
Du weißt, ich war kein Blender,
Hab alles Licht an Dich verschwendet.
Die Kerze reicht
Für einen letzten Reim.

A.R.
Pfingsten 14