Es geschah an eines Fürsten Tafel.
Da hatten sich zwei lieb gewonnen.
Auf dem Tisch lief Kartenspiel, Geschwafel;
Darunter wurde Garn gesponnen
Für ein Kleid, im Wert bei tausend Taler,
Und die Geschichte von Karl und Carla.
Sie hielt lang stand,
Die Frau von Ehre.
Doch eines Nachts nahm überhand
All ihr Begehren.
Es durfte nicht sein
Und mußte doch.
Die Nadel stieß tief hinein
In ein seliges Loch.
Das war nicht der Beginn
Von glückseligen Jahren
Wie im Märchen,
Wenngleich auch nicht das Ende.
Da war noch lang Musik drin,
Und auf Wege sich zu paaren
Stieß er sie behende,
Unter freiem Himmel
Bei den Lerchen.
Lang noch prellten sie die Zeche.
Sie die Verführte, er der Prahler
In der Geschichte von Karl und Carla.
Der Lauf der Dinge fragt nicht lang,
Woher der Fluch, woher der Segen,
Den sie miteinander hatten.
Die Sonne verbrannte sie.
Er hatte nie
In ihrem Schatten gelegen:
Er war ihr Schatten.
Ihr Freund war Feind,
Ihr Feind ihr Freund.
Sie durfte sich von niemand lösen.
Sie war double-bind.
In einem ausweglosen Garten
Wurde sie verraten,
Darin sich einer selbst gefangen nahm.
Die übrigen entflohen
In Nacktheit, in Scham.
So sind seit alters die Geschichten,
Und nur wenige fataler
Als die Legende von Karl und Carla.
A.R. Karfreitag 2018