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neu aufgelegt – Aus meiner Feder

Das Glück von Reichenhall

Auf dem Regierungsbankett erschien
Vor den geladenen Gästen
Eine junge Syrerin.
„Von weit her bin ich gekommen
Hierhin in den Westen.
Ich mußte flieh’n.
Ihr habt mich aufgenommen.
Dank sei Dir, o Führerin!“

Ihr Minister mit der besorgten Miene
Sah zu Israels Botschafterin:
„Das heißt jetzt Kanzlerin.“
Die aber schritt zur Vitrine:
„Schau, dies Glaskristall
Stammt nicht aus Reichenhall,
Ist nicht mal aus dem Westen.
Du siehst es an den Arabesken.
Es kommt aus Deinem Heimatland
Und ich mach’s voll bis an den Rand.“

Unterm Kopftuch heißt es leicht verlegen:
„Trink nur, Dir zum Segen.
Ich weiß, welch Ehre
Mir zuteil geworden wäre.
Allein, Du weißt es sicher schon,
Den Wein verbietet mir die Religion.“
Der Minister räuspert sich:
„Der gehört zum guten Ton!“

Die Bürger aber sind entsetzt.
Sie treten einen Schritt zurück.
Was soll sein mit ihrem Glaskristall?
Es soll nicht sein aus Reichenhall?
Es hütet ihrer aller Glück!
Im Wert auf fünf Million geschätzt.

Die Regierung reist’ ab nach Berlin,
Kurz bevor in Reichenhall
Die Sonne unterging.
Eilends tagt der Rat der Stadt.
Und in der Tat:
Seit alters gabs nur Glockenbecher
In den Kneipen für die Zecher.
Das hohe Trinkglas von Kristall
Kann sein von überall,
Doch nicht aus Reichenhall.

Da ergeht schon Knall auf Fall
Der unergründliche Beschluß,
Daß der Kelch zerschmettert
Werden muß,
Damit die Stadt nicht
So wie all die andern
Die Muslime unterwandern!

A.R.
14.11.17