Drama nach einem Roman von Franz Werfel –
Bühnenbearbeitung Axel Reßler
1. Akt
1.Szene
Kirchplatz von Yoghonoluk. Auf den Stufen der Kirche sitzen in bedauernswertem Zustand: Aram Tomasian,
Howsannah seine Frau, Iskuhi seine Schwester, Sato, ein zerlumptes Mädchen. Volks ringsherum. Ordnungshüter (Gendarmen) am Rand. Von rechts nähern sich Bagradian und sein Sohn Stephan.
Von links Meister Tomasian, Vater des Aram. Die Menschenmenge bildet einen Auflauf mit Geschrei und Wehklagen. Meister Tomasian nähert sich mit fragend erhobenen Armen.
Aram umarmt ihn.
Aram: Vater.
Doktor Altouni, der Priester Ter Haigasun und der Gemeindevorsteher Kebussjan finden sich ein.
Ter Haigasun zu einem der Ordnungshüter: Ali Nassif, laß niemanden vom Volk in die Kirche hinein !
Der Arzt und der Priester treten hinter das Portal. Es folgen die Familie Tomasian, der Gemeindevorsteher, Bagradian und Sohn. Der Arzt sieht sich die Wunden der Iskuhi und der Sato an, versorgt und behandelt sie.
Meister Tomasian: Sprich mein Sohn, was ist Euch widerfahren?
Aram: Die Türken mißhandelten unsere Frauen auf offener Straße. Da kamen wir den Frauen zu Hilfe und haben uns gegen die Türken zur Wehr gesetzt. Die Staatsgewalt sah darin den erhofften Aufruhr der Armenier. Sie warfen uns aus unseren Häusern in Zeitun, nahmen uns was wir hatten und organisierten unsere Verschleppung ins Nichts.
Bagradian: So steckt also Methode dahinter, daß sie überall im Land den Armeniern die Pässe wegnehmen und keinen von uns für sie in den Krieg ziehen lassen. Niemand soll das Land verlassen können und niemand eine Waffe in die Hand bekommen.
Ter zu Aram: Wie seid Ihr entronnen, Bruder?
Aram: Ihr hättet anders gehandelt, Priester. Meine Waisenkinder, die mir anvertrauten habe ich im Stich gelassen. Seht meiner Schwester Arm, der in der Schlinge steckt. Iskuhi war auf dem Marsch nach Marasch von einem türkischen Bewohner angefallen worden. Im Kampf gegen ihren Peiniger wurde ihr der Arm verrenkt. Der türkischen Offizier hatte Mitleid mit ihr. Wir durften uns für den Abend in die nahe gelegene amerikanische Mission begeben. Von dort entflohen wir am andern Morgen. All die anderen marschieren ihrem sichern Tod entgegen…
Dies Waisenmädchen hier, das schwierigste von allen, ist uns hinterher gerannt…sie ist zu ihrer sonstigen Verrücktheit auch noch vernarrt in meine Schwester.
Was wir auf dem Marsch erlebt haben, dagegen sind die Massaker von früher, die die Türken bei uns angerichtet haben, gar nichts. Vergesst das !
Weitere Menschen drängen hinein.
Leute sprechen durcheinander: Wie wird es uns ergehen? Was mag uns blühen? Wie geht’s mit uns wohl weiter?
Altouni der Iskuhi den Arm wäscht: Wohin soll man uns noch verschleppen? Am Berg Moses ist man ja schon verschleppt.
Ter Haigasun: Gabriel Bagradian, bitte sprechen Sie doch draußen ein paar Sätze zu den Leuten, daß sie endlich nach Hause gehen.
Bagradian geht mit seinem Sohn vor das Portal, die Leute folgen.
Bagradian: Einwohner von Yoghonoluk und alle, die ihr hier seid von ringsherum! Ihr wißt in Zeitun hat es auch früher schon Unruhen gegeben. Niemand weiß noch genau, was vorgefallen ist. Wir hier hatten mit Politik nie was zu tun. Gerade jetzt müssen wir ganz bestimmt die Ruhe und Ordnung bewahren. Geht nur – wenn etwas Wichtiges für uns geschieht werdet ihr’s erfahren von mir. Ich werde Erkundigungen einziehen und wenn nötig werde ich Euch zu einer Volksversammlung auf meinem Anwesen versammeln. Jetzt aber geht nach Hause!
Die Menschenmenge zerstreut sich, einige stehen noch entfernt herum. Bagradian geht auf den am Platz verbliebenen Ordnungshüter Ali Nassif zu.
Bagradian: Du weißt wer ich bin, Ali Nassif. Als Offizier der Armee bin ich dir höher gestellt.
Ali Nassif steht stramm.
Bagradian greift in die Tasche, holt zwei Münzen hervor: Ein Offizier gibt kein Backschisch. Aber hier ist eine Anzahlung für einen besonderen Dienst, den ich dir erteile – winkt den Strammstehenden näher – Es sind mehr von Euch ins Dorf gekommen. Das seh ich selbst. Von wo erhaltet Ihr Eure Befehle?
Ali Nassif: Einer von den Jungen reitet jede Woche nach Antakje und nimmt die Befehle von dort mit.
Bagradian: Hör zu. Erfährst Du irgend etwas, das für den Bezirk hier von Bedeutung ist, kommst du sofort in mein Haus – dann bekommst du das 3fache von dem! Bagradian läßt ihn stehen, geht wieder zurück in die Sakristei.
Altouni: In Marasch ist ein großes Hospital. Aber eingerichtet haben sie den Arm dort nicht! Was läßt sich da von mir verlangen, der ich nur eine rostige Zange zum Zähnereißen als Behelf besitze? Wir werden den Arm zwischen zwei Holzschienen legen müssen. Schrecklich sieht er aus. Ein angenehmes Zimmer, viel Bettruhe und gute Pflege wird nötig sein.
Meister Tomasian: Ach Gott, bei mir ist’s eng. Das meiste ist Werkstatt…
Bagradian: Nun, dann kommt das Fräulein Tomasian zu uns. Sie bekommt ein Zimmer mit Blick aufs Gebirge. Und Pflege ganz nach ärztlicher Vorschrift!
Altouni: Ausgezeichnet, mein Freund! Die Wunderliche da nimmst du bestenfalls auch noch zu dir, so hab ich meine hochverehrten Patienten alle beisammen. Meine alten Beine danken’s dir.
Bagradian: So lauf vor, Stephan, und sag Maman, daß wir Gäste haben werden! Stephan rennt los.
alle ab.
2. Szene
Wohnstube des Gemeindevorstehers Kebussjan, Bagradian erscheint zu Besuch.
Bagradian: Sei offen mit mir, Thomas Kebussjan. Wieviel und was für Gewehre besitzt ihr?
Kebussjan: Jesus Christus! Willst du ins Unglück stürzen, Effendi?
Bagradian: Warum ziehst du gerade mich nicht ins Vertrauen?
Kebussjan: Meine Frau weiß es nicht. Meine Söhne wissen’s nicht. Kein Mensch!
Bagradian: Mein Bruder Awetis, hat der es gewußt?
Kebussjan: Deinem Bruder, er ruhe in Frieden, war es wohl bekannt. Doch der hat zu keiner Seele gesprochen.
Bagradian: Seh ich so aus als könnte ich nicht schweigen?
Kebussjan: Wenn’s herauskommt werden wir alle umgebracht.
Bagradian: Nun?
Kebussjan leise zischelnd: Als die Jungtürken 19/8 Revolution machten und sie uns noch als Verbündete betrachteten haben sie uns mit Waffen bestückt. Jetzt, wo der Große Krieg angebrochen ist, entwaffnen sie uns. Djelal Bey, der uns wohlgesonnene Statthalter, der jetzt abgesetzt ist, hat den Entwaffnungsbefehl sehr nachlässig ausgeführt. Als der Polizeihauptmann erschien sagten wir ihm lächelnd wir hätten nie welche besessen. Damals hatten wir die Entgegennahme der Waffen nämlich auch gar nicht quittiert…
Bagadian: Sehr gut! Was taugen die Flinten?
Kebussjan: 50 Mausergewehre und 52 griechische Karagewehre. Für jedes Gewehr 30 Magazine, also je 150 Schuß.
Bagradian: Hm! Wohin habt ihr das Zeug getan?
Kebussjan: Mußt du das wirklcih wissen, Effendi?
Bagradian: Ich bin neugierig – und es gibt keinen Grund mir das zu verschweigen.
Kebussjan windet sich, zögert lang: Auf dem Friedhof drüben sind Gräber mit erfundenen Namen. Dort liegen sie. Nun ist mein Leben in Deiner Hand, Effendi.
Bagradian dreht sich um, im Weggehen: Das mag so sein, Thomas Kebussjan!
3. Szene
Bagradian auf dem Nachhauseweg, hinter einem Versteck taucht Ali Nassif auf.
Ali Nassif: Herr, ich hab auf Euch gewartet. Ich komme meine Medjidjehs holen, auf die Ihr mír eine kleine Anzahlung gegeben habt.
Bagradian zieht seine Brieftasche. Übergibt ihm Geldscheine.
Ali Nassif: Ich vergehe mich schwer gegen meinen Befehl. Du aber wirst mich nicht verraten, Effendi!
Bagradian: Das Geld hast du genommen. Berichte!
Ali Nassif: In 3 Tagen wird der Bezirkshauptmann und der Polizeihauptmann in die Dörfer kommen.
Bagradian: So? Und was werden sie uns Gutes bringen, der Bezirkshauptmann und der Polizeihauptmann?
Ali Nassif (reibt sich das Kinn): Ihr müßt fort von hier, Effendi, ihr alle! Der Provinzstatthalter befiehlt es so. Die Gendarmen werden euch und eure Leute von Suedja und Antakje sammeln und nach Osten führen.
Bagradian: Und du, wirst du auch unter den Gendarmen sein, Ali Nassif?
Ali Nassif: Inshallah! Ich danke Gott. Nein! Ich hab 12 Jahre lang immer unter euch Ordnung gehalten. Zum Dank nun verliere ich euretwegen die Stellung – der Posten hier wird abgelöst.
Bagradian drückt ihm zum Trost Zigaretten in die Hand: Wann soll das geschehen?
Ali Nassif: Ich soll noch heute nach Antakje abmarschieren. Der Bezirkshauptmann kommt dann mit einer ganzen Kompagnie hierher.
Bagradian: Dann sind die Dörfer 3 Tage unbewacht…
Ali Nassif: Ich werd gehenkt, wenn du mich anzeigst. Doch ich sag dir alles. 3 Tage ist kein Gendarm hier. Dann aber wird man euch auch noch einige Tage Zeit geben eure Sachen in Ordnung zu bringen.
Bagradian: Mußtet ihr ihnen Einwohnerlisten geben?
Ali Nassif: Hoffe nichts für dich, Effendi! Auf die Reichen und Gebildeten sind sie besonders scharf. Sie sagen was nützt es uns, wenn die armen und fleißigen Armenier krepieren, die Effendis aber, die Geldsäcke und Advokaten bleiben weiter im Land!? Dein Name steht oben an auf der Liste, Effendi. Auch deine französische Frau wird nicht verschont. Bis Antakje bleibt ihr zusammen, danach wird man euch trennen. Das ist sehr genau verabredet.
Bagradian grinst: Du scheinst ja zu den Großen und Eingeweihten zu gehören. Hat dir der Bezirkshauptmann sein Herz geöffnet?
Ali Nassif: Ich habe mir für dich viel Mühe gemacht und meine Ohren angestrengt. Was ist da schon ein Papiergeld? Wenn sie es dir beim Basar überhaupt wechseln bescheißen sie dich. Meinen Nachfolgern aber wird alles gehören, was ihr besitzt und was in den Dörfern zu finden ist. Dein Haus mit allem, was darinnen ist. Du kannst nichts mitnehmen. Keine Pferde. Keine Früchte aus deinem Garten…
Bagradian: Es möge ihnen wohl bekommen!
Ali Nassif: Jetzt hab ich dir das alles für ein Stück Papier verkauft.
Bagradian wirft ihm im Gehen noch Silbergeld zu.
4. Szene
Der Hauslehrer seines Sohnes, Samuel Awakian, sitzt an Bagradians Schreibtisch über Plänen. Bagradian ist hinter seinem Rücken, eine Hand sanft auf dessen Schulter.
Bagradian: Getreuer Erzieher meines Sohnes. Sie haben bestimmt gemeint, daß ich Sie nur ein wenig beschäftigen wollte, seitdem Stephan hier in die armenische Schule geht. Nein, die Kartenzeichnungen vom Berg Moses, die Abmessungen und genauen Pläne, die hatten einen Zweck. Auch daß ein Büchermensch wie ich, der ein beschauliches Leben in Paris geführt hat, hier zuvor noch die Militärschule absolviert hat, muß wohl einen Sinn haben. Merkwürdig, unser Priester wußte schon, was ich aus dem Gendarm herausgekauft habe. Ich traf ihn vorhin. Er hatte die Gemeindevorsteher der sieben Dörfer bei sich versammelt. Wir haben verabredet, daß heute abend die Volksversammlung bei mir abgehalten wird. Der Priester ahnt schon, was ich plane und ich kann auf seine Unterstützung rechnen. Wir werden dem Volk vorschlagen auf den Berg Moses zu ziehen, um uns dort gegen die Türken zu verteidigen.
Awakian: Nein, das ahnte ich nicht. Es kommen doch bei uns bestenfalls 1000 Männer in Betracht. In jedem türkischen Nest liegt Militär.
Bagradian: Wir sind ein Volk von 5 einhalbtausend Menschen, die kein Erbarmen zu erwarten haben.
Awakian: Werden aber diese 5 einhalbtausend dasselbe wollen wie Sie, Effendi?
Bagradian: Wenn nicht dann verdienen Sie den Tod im mesopotamischen Dreck…Ich aber will gar nicht leben oder gerettet werden! Ich will kämpfen. So viele Türken töten wie wir Patronen haben. Auf dem Berg sind ja auch noch Deserteure der türkischen Armee. Zur Not schließe ich mich denen an. Ich will nicht leben, sondern einen Wert haben! Wir Armenier bilden uns doch immer so viel auf unsere geistige Überlegenheit ein. Damit haben wir sie bis aufs Blut erbittert. Nun aber müssen wir’s beweisen. Noch unzählige Probleme sind zu lösen. Wo kommt die Fleischbank hin, wo das Munitionsdepot, wo das Lazarett? Ich hab hier einen Haufen Zettel, machen Sie eine Reinschrift davon, Awakian. Jetzt aber gehen Sie hinunter, Awakian. Sagen Sie ich komme nicht zu Tisch. Man soll mir was zu essen heraufschicken. Es gilt keine Minute zu verlieren!
(ab)
5. Szene
Volksversammlung. Allmählich strömt alles herbei. Nachdem Ter Haigasun begonnen hat, tritt Bagradian heraus.
Ter Haigasun: Während der vergangenen Massaker hat Christus mit unverdienter Huld über dem Berg Moses gewacht. Unsere Brüder in Anatolien wurden abgeschlachtet, an uns ging der Kelch vorüber. Nun aber droht nicht Massaker, sondern Austreibung. Im Massaker finden sich Schlupfwinkel für Frauen und Kinder. Die Regierung hat die Metzeleien zwar veranstaltet, sich aber nie zu ihnen bekannt. Sie entstanden aus der Unordnung und gingen in ihr unter. Die Austreibung aber ist bestens organisiert. Sie geht so lang, bis der letzte Armenier durch das Schwert getötet, auf der Landstraße verhungert, in der Wüste verdurstet oder von Cholera und Typhus hinweggerafft ist. Niemand stelle hier heute unsinnige Anträge, Bittgesandschaften zu schicken oder dergleichen. Ich trug die Wahrheit schon lang mit mir herum, wollte euch so lang es ging damit verschonen: Wir müssen sterben!
Wehklagen aus der Menge, immer lauter. Haigasun hebt die Arme auf.
Es fragt sich nur, wie!
Tomasian: Wie sterben? Nicht als wehrloser Hammel, auf der Landstraße oder im Kot der Deportationslager. Auf der Schwelle meines Hauses, mit der Waffe in der Hand werde ich sterben. Christus wird mir helfen, dessen Wort auch ich künde!
Bagradian: Warum Tod? Ich hab nicht unter Euch gelebt, Brüder und Schwestern. Nun, durch den Tod meines Bruders, bin ich in das Haus meines Großvaters zurück gekehrt. Ich teile Euer Schicksal. Als Offizier, der den Krieg erlebt hat, sage ich Euch: Es ist unsinnig dem Feind auf den Straßen und in den Häusern Trotz zu bieten. Laßt uns heimlich alles, was wir zum Leben haben, auf den Berg Moses verbringen. Dort werden wir Verteidigungsanlagen und ein größeres Lager für alle errichten. Um den Berg wirklich zu belagern und zu erobern braucht es eine große Truppenmacht. Der Pascha braucht jetzt seine Truppen mitten im Krieg zu einem anderen Zweck als ein paar 1000 Armenier auszuheben. Mit den Gendarmen werden wir fertig. Da genügen ein paar 100 Entschlossene und eben so viele Gewehre. Die haben wir!
Erneut Lärm in der Menge. Gezeter, Zustimmung, Wehklagen, Streit. Ter Haigasun tritt auf Bagradian zu und legt seine Hände leicht auf dessen Schultern. Aus der Menge tritt der kleine, schmächtige Pastor Harutiun Nokhudian hervor.
Nokhudian: Christus befiehlt uns streng der Obrigkeit zu gehorchen. Christus befiehlt uns streng dem Übel nicht zu widerstehen. Mein Amt ist das Evangelium. Als Hirte meiner Herde kann ich diesem Plan nicht zustimmen. Wer ihm folgt leidet nicht in der Nachfolge Christi, sondern endet als Aufrührer. Können Ter Haigasun oder Aram Tomasian denn weissagen? Sind Gottes Ratschlüße nicht unerforschlich? Kann ER uns denn nicht auch in der Verschickung noch Hilfe senden?
Mairik Antaram, die Frau des Arztes Altouni drängt sich vor.
Antaram: Ich bin eine Frau. Ich bin eine Frau und spreche für alle Frauen hier. Viel hab ich erlitten! Mein Herz ist oft und oft gestorben. Aber in der Erniedrigung will ich nicht zugrunde gehen, auf der Landstraße werde ich nicht krepieren. Wir Frauen wollen das nicht, nein wir alle nicht! Und wenn die Männer zu feig sind werden wir Weiber allein uns bewaffnen und auf den Berg Moses ziehen – mit Gabriel Bagradian!
Tumulte. Erregung.
Ter Haigasun: Es ist alles ganz einfach. Es gibt zwei Vorschläge und auch nur zwei Wege. Pastor Nokhudian wird die Güte haben sich dort auf den freien Hofteil zu begeben. Wer mit ihm ziehen will, der möge zu ihm treten. Wer auf Seiten Bagradians ist bleibe stehen, wo er steht. Niemand beeile sich!
Nokhudian geht gemessenen Schrittes an den Ort, seine kräftige Frau folgt unter lautem Wehklagen. Tröpfchenweise der eine oder andere auch, zum Schluß ein mit sich selbst brabbelnder Alter am Stock, der nicht den Anschein erweckt, daß er weiß, worum es geht. Hohnlachen und Spott erhebt sich daher aus der Mitte der Bagradianmenge.
Ter Haigasun bebend vor Zorn: Welcher Hund wagt es? Welche Teufel lachen?
Stille. Haigasun geht auf die kleine Schar Nokhudians zu.
Ter Haigasun: Ihr werdet für uns immer heilig sein. Mögen auch wir heilig sein für Euch!
6. Szene
In Bagradians Empfangszimmer. Juliette, Gonzague Maris, Iskuhi, Sato. Stephan auf der Couch schlummernd. Kristaphor und andere Bedienstete des Hauses Bagradian.
Bagradian eintretend: Ah, Gonzague, Sie hier? Wie geht es Ihrem Hauswirt, dem guten Apotheker Krikor?
Gonzague: Er wird wunderlicher, der Büchernarr. Er kümmert sich um nichts, bereitet nichts fürs Lagerleben oben vor. Seinen Hausknecht hat er für die Apotheke abgestellt; der gibt Medikamente ohne Sinn und Vertstand heraus. Das alles, obwohl er doch in den Führerrat gewählt ist.
Bagradian auf Juliette zutretend: Juliette – sie wendet sich ihm zu, er hält Distanz, dreht sich zu Gonzague – Gonzague, ist es bestimmt wahr, daß Sie einen amerikanischen Paß besitzen?
Gonzague heiter, leicht spöttisch, leicht an seine Brusttasche fassend: Wünschen Sie den Paß zu sehen, mein Herr?
Bagradian Juliettes Hand ergreifend: Tu as le droit – Du darfst nicht hineingerissen werden…Du mußt fort. Du und Stephan. Nun entschlossen: Gonzague Maris wird uns heute noch verlassen. Er besitzt einen amerikanischen Paß. Das ist unter diesen Umständen ein unschätzbares Glück. Sie werden sich gewiß nicht weigern, Maris, meine Frau und Stephan in Sicherheit zu bringen. Nehmt den Jagdwagen. Es ist Sommer, die Talwege sind immerhin befahrbar. Kristaphor begleitet euch neben dem Kutscher. Auf dem Weg nach Arsus ist wahrscheinlich ein kleiner Militärposten stationiert. Für Maris wird es nicht schwer sein, den Ombaschi dort mit seinem Paß in Schreck zu versetzen… der Diener Kristaphor tritt ein: Kristaphor, ist es möglich mit dem Wagen in 10 Stunden über Arsus nach Alexandrette zu kommen?
Kristaphor: Effendi, das hängt von den Türken ab.
Bagradian: Danach hab ich nicht gefragt, Kristaphor. Getraust du dich Juliette, meinen Sohn und diesen amerikanischen Herrn nach Alexandrette zu bringen?
Kristaphor begreifend, daß es auch um sein Leben geht: Ich getraue mich, Effendi! Wenn der Herr einen Paß hat werden uns die Gendarmen nichts tun können…
Bagradian zu Juliette: Ich habe gewußt, daß es kommen wird. Aber daß es so kommen wird wird…zwischen uns.
Juliette: Und das alles mutest du mir wirklich zu?
Stephan springt auf, stürzt zum Vater, Iskuhi mit ihm aufspringend: Nein, Papa, Du darfst uns nicht fortschicken. Ich will bei dir bleiben. Ich will bei dir bleiben, Papa.
Bagradian: Das, was kommt, Stephan, ist kein Kinderspiel…
Stephan trotziger: Ich will bei dir bleiben. Ich fahre nicht fort.
Juliette macht einen heftigen Schritt auf Vater und Sohn zu, faßt Stephans Hand, um ihn zu sich zu ziehen. Bagradian zieht Frau und Kind in eine Umarmung.
Bagradian: Möge Jesus Christus uns helfen! Es ist besser so vielleicht.
Er wendet sich zum Gehen. Vor der Schwelle steht Gonzague.
Gonzague: Ich würde gern mit Ihrer Frau und Ihrem Sohn verreisen, wenn ich einen anderen Wunsch nicht hätte. Ich bitte Sie um die Erlaubnis an Ihrem Leben oben auf dem Berg teilnehmen zu dürfen. Krikor hat Ter Haigasun meinetwegen schon gefragt und dieser hat nicht abgelehnt.
Bagradian: Sie sind sich wohl im Klaren, daß Ihnen danach der schönste Paß nichts nützen wird.
Gonzague an alle: Eine Ahnung sagt mir, daß die Sache für Sie alle gut ausgehen wird. Courage, mes amis, es gibt nur den Augenblick, sonst nichts.
Gonzague setzt sich ans Klavier und spielt. Gabriel bleibt. Sato bekommt vom Klavierspiel einen verrückten Anfall, tobt und kreischt. Auf Wink Bagradians führt Awakian sie hinaus. Gespanntes Warten – Awakian kehrt zurück.
Awakian: Sie bewegen sich auf das Anwesen zu, Effendi.
Bagradian faßt sich an den Säbel, richtet seine türkische Offiziersuniform.
Gonzague: Ihre militärische Makerade dürfte aufreizend wirken. Ich glaube nicht, daß Sie Ihnen Vorteile bringen wird.
Bagradian: Ich bin ottomanischer Offizier. Ich habe mich ordnungsgemäß bei meinem Regiment gemeldet. Niemand hat mich vorläufig degradiert.
Gonzague: Das kann Ihnen noch früh genug zustoßen.
Iskuhi bekommt Schüttelfrost. Sie schleppt sich aus dem Zimmer.
Juliette: Laßt sie doch…Es ist die Erinnerung, die Furcht…Sie will sich im Haus verstecken.
Der Bezirkshauptmann, der Polizeihauptmann in Begleitung von vier Gendarmen betreten das Haus. Der Bezirkshauptmann holt, beeindruckt und verunsichert von der Uniform Bagradians, sein Amtspapier hervor und liest zum Teil ab.
Bezirkshauptmann: Gabriel Bagradian, in Yoghonoluk gebürtig! Sie sind Besitzer dieses Hauses und Familienvorstand. Als ottomanischer Staatsbürger unterstehen Sie den Befehlen und Verordnungen des Provinzstatthalters von Antiochia. Sie werden wie auch die übrige Bevölkerung der Provinz an einem der nächsten Tage, der noch zu bestimmen ist, in den Osten abgehen und Ihre Familie mit Ihnen. Ein Recht des Einspruchs gegen die allgemeine Maßregel der Verschickung steht Ihnen nicht zu. Laut zusätzlicher Verfügung Seiner Exzellenz, des Wali von Aleppo, ist es den Verschickten nicht gestattet nach eigenem Ermessen Fuhrwerk, Last- und Reittiere zu verwenden. In berücksichtigungswerten Fällen kann ich die Benützung eines landesüblichen Karrens oder eines Esels für Schwache und Kranke zulassen. Erheben Sie auf diese Vergünstigung Anspruch?
Bagradian: Ich werde den Weg unseres Volkes gehen.
Bezirkshauptmann: Damit Sie nicht in die gefährliche Versuchung geraten sich vorher wegzubegeben oder später abzuwandern beleg ich Ihre Wagen, Ihre Pferde und andere Reittiere sofort mit Beschlag
–
nickt den Gendarmen aufmunternd zu
–
wie alles übrige auch.
Die Gendarmen räumen die Bühne auf lärmende Art komplett leer.
Polizeihauptmann: Schaffen Sie Ihre Waffen herbei!
Gabriel läßt ein paar Beduinenflinten hereintragen.
Bezirkshauptmann: Sie werden doch nicht behaupten wollen, daß Sie in dieser Einsamkeit hier ohne Waffen leben?
Bagradian: Warum denn nicht? Seitdem dieses Haus steht wird hier heute zum ersten Mal ein Einbruch verübt.
Der Bezirkshauptmann schüttelt bedächtig den Kopf.
Bezirkshauptmann: Also dann, Hausdurchsuchung!
Die Gendarmen demolieren bei der polternden Suche einen Spiegel. Nach einer Weile vergeblicher Suche.
Bagradian: Sie sehen es ist Ihnen nichts verweigert worden – was noch?
Der Polizeihauptmann pflanzt sich vor Bagradian auf.
Polizeihauptmann: Wir haben noch nicht alles gesehen!…Dort oben!…An einigen Türen sind wir vorüber gegangen.
Bagradianschreiend: Jetzt aber ist es genug!
Der Polizeihauptmann hält ihm die Faust unter die Nase.
Polizeihauptmann: Was ist genug, Armenierschwein?! Sag es noch einmal! Was ist genug, unreines Schwein!?
Bagradian: Zurück, Polizist! Ich bin Frontoffizier!
Polizeihauptmann: Offizier bist du? Nicht einmal ein stinkendes Hundeaas bist du für mich!
Bagradian wird von den herbeigeeilten Gendarmen überwältigt. Seine Uniform wird zerrissen. Keuchend und praktisch nackt liegt er unter einem Gendarm auf dem Boden. Die Frauen und Gonzague stürzen herbei. Gonzague hält seine Päße in die Höhe.
Gonzague: Hier! Paß der Vereinigten Staaten, vom Generalkonsulat in Stambul vidiert! Hier, Teskeré fürs Innere mit eigenhändiger Unterschrift Seiner Exzellenz. Sie werden mich verstehen, Effendi!
Der Bezirkshauptmann schaut sich die Päße an, der Polizeihauptmann steckt die gezückte Dienstpistole wieder weg.
Bezirkshauptmann: Was gehen mich Ihre Päße an? Schauen Sie, daß Sie von hier verschwinden, Mann.
Der Polizeihauptmann spuckt aus.
Polizeihauptmann zu den Gendarmen: Holt die Pferde und Esel!
Die Gendarmen ziehen ab. Iskuhi kommt hinter Bagradian hervor und bedeutet Awakian flehend ihm eine Decke zu holen, womit Awakian ihn dann auc h umhüllt.
Ende Erster Akt
2. Akt
Das Lager der Armenier auf dem Berg Moses.
1. Szene
Die Armenier an der schwach beleuchteten Bühne hinter ihren Schützengräben lauernd. Im mittleren Gang des Saales nehmen die türkischen Soldaten Aufstellung wie auf dem Kasernenhof. Um den Hauptmann versammeln sich die 4 Zugoffiziere und diskutieren anhand der Kartenskizze den Aufenthalt der Armenier. Der Hauptmann gibt dem Trompeter das Signal zum Angriff zu blasen. Die Trompete ertönt. Der Hauptmann hält seinen Säbel auf die armenische Verteidigungslinie zu.
Hauptmann: Erster, zweiter Zug in Schwarmlinie, mir nach!
Einer der Zugoffiziere hält seinen Säbel in die andere Richtung.
Zugoffizier: Dritter, vierter Zug in Schwarmlinie, mir nach!
Es beginnt ein langsames Vorwärtsrücken. Plötzlich hält der Hauptmann verstört in der Bewegung inne.
Hauptmann: Nieder! Deckung suchen!
Ruhiges, rhythmisches und gezieltes Feuer der Armenier.
Hauptmann: Nieder! Decken! Nieder! Decken…
Der Hauptmann sinkt getroffen zur Seite nieder. Seine Soldaten flüchten. Sie werden von den Offizieren eingefangen. Aus schwacher Deckung kommt jetzt wildes Feuer der Türken. Nach langer Weile Sturmlauf der Türken. Wieder ruhiges Feuer der Armenier. Die Türken suchen endgültig das Weite. Rundherum bleiben Tote und Verwundete liegen. Sanitäter der Türken mit Halbmondfahne erscheinen.
Bagradian: Die Toten und Verwundeten könnt ihr mitnehmen. Gewehre, Munition, Tornister, Patronentaschen, Brotbeutel, Montur und Stiefel bleiben hier!
So geschieht es. Jubel im Lager. Alle umringen Bagradian. Der greift nach Iskuhis Hand.
Iskuhi: Juliette wartet und hat alles vorbereitet.
Im Zelt. Dort hat Juliette ein Bad für Gabriel hergerichtet.
Juliette: Ich hab solche Angst um dich gehabt…
Er zieht sie zu sich ans Bett. Sie schmiegt sich an ihn. Er bleibt in Gedanken bei sich und den Geschehnissen. Draußen wird gefeiert. Das Licht wird allmählich heller. Alle verschwinden nach und nach in ihren Zelten.
2. Szene
Das Licht wird langsam wieder weniger. Kinder bilden einen Kreis. Sie umfassen sich, wiegen summend die Köpfe. Stimmen und rhythmische Bewegungen steigern sich. Sato, abseits, ahmt die Ekstase nach. Stephan und Haik, zur anderen Seite abseits, unbeteiligt.
Haik: Andauernd zähes Schaffleisch. Hätte man wenigstens ein paar Aprikosen und Feigen.
Stephan nach einer Weile: Wir könnten in der Nacht bis in die Obstgärten hinunter und so viel wie möglich heraufbringen…
Haik schaut ihn geringschätzig an: Soso, Halbfranzose, was sagt denn die Frau Mama dazu?
Stephan ängstlich: Das darf sie nicht erfahren, sonst krieg ich Hausarrest…
Haik leichthin: Wenn du dich fürchtest kannst du ja oben bleiben.
Stephan: Das war meine Idee! Also bin ich auch dabei.
Haik zu den anderen: Hey hört mal auf da. Ich hab was Besseres mit ein paar von Euch vor.
Die anderen halten inne. Haik ruft nach und nach ein paar heraus zu sich. Stephan gesellt sich dazu. Alle stecken auf Haiks Kommando die Köpfe zusammen. Er redet zu ihnen. Das Licht nimmt weiter ab. Die Kinder schleichen im Lager herum und raffen Säcke und Tragkörbe zusammen. Dann stehlen sie sich an den Wachposten vorbei aus dem Lager. Das Licht geht aus. Kehrt ganz schwach nach einer Weile zurück. Mit Säcken und Körben voll Obst kehren die Kinder wieder ins Lager zurück.
Wachposten: Hey da! Wo kommt ihr her?
Im Lager entsteht Unruhe. Einige Erwachsene treten vors Zelt. Staunen. Geschimpfe und Erregung. Einige besorgte und züchtigende Eltern. Haiks hochgewachsene Mutter, Schuschick, zieht unaufgeregt ihr Kind mit sich. Stephan schleicht sich leise ins Zelt.
3. Szene
Das Licht geht langsam wieder an, überschreitet den Punkt größter Helligkeit. Nachmittag. Juliette, Iskuhi, Stephan und Sato im Zelt. Iskuhi summt ein Lied. Sato kauert zu ihren Füßen. Stephan lauscht ihr beseelt.
Juliette: Da sitzt mein Kind nun in Pantoffeln und lauscht armenischen Wiegenliedern. Du kommst mir vor wie kostümiert.
Iskuhi: Warum soll er unsere Kleider nicht tragen? Sind sie weniger schön als die Pariser Mode?
Juliette: Was ich dir davon hab zeigen können war das wenigste. Die schönsten Sachen hab ich damals in Paris gelassen. Ich dachte ja nicht, daß ich dorthin nie zurückkehren würde. Mon Dieu, quelle malheure.
Iskuhi: Ich vermisse meine Konfirmationsbibel und mein Kruzifix aus Elfenbein, das ich in der Eile hab in Eurem Hause liegen lassen. Es sind Geschenke von Aram. Auch ein paar von meinen Lieblingsbüchern liegen noch auf dem Nachtschrank dort. In der Verschickung hatte ich sie immer bei mir.
Iskuhi fängt wieder an zu summen. Nach einer Weile steht Stephan auf und bedeutet Sato mit ihm vor das Zelt zu kommen. Draußen.
Stephan: Sind schon welche im Haus unten?
Sato: Ein Mohadschir, ja, mit Familie.
Unheimliche Geräusche wie nachts auf dem Friedhof in der Ferne. Sato merkt auf und verschwindet in die Richtung. Ein Mädchen an Krücken namens Hayguhi aus der Richtung kommend gesellt sich zu Stephan.
Stephan: Du, Hayguhi? Ich muß los, runter ins Dorf.
Hayguhi: Hab schon gehört. Will mit!
Stephan: Nee, nee. Mit der Krücke machst du Lärm und weckst die Leute.
Hayguhi: Trotzdem…
Stephan: Na gut, kannst Wache halten am Gartentor.
Ab. Hayguhi und Stephan tauchen oben im Saal wieder auf. Stephan leuchtet mit einer Taschenlampe den Saal aus. Geräusche der Suche. Sato schwirrt herum. Stephan hat was gefunden. Geht mit laut polternden Schritten die Treppe hinab.
Stephan (zu laut): Hayguhi, Sato! Wo seid Ihr? Seht her, ich hab’s.
Vom Lärm aufgeweckte Gestalten zeigen sich. Keifende Frauenstimmen. Hayguhis Krücke klopft den Boden. Scheinwerfer auf Stephan. Schüsse. Lärm. Stephan flieht, ohne klare Richtung. Gendarmen rennen herbei. Stephan kauert sich weg. Die Gendarmen irren vorbei, ihre Stimmen entfernen sich. Stille. Allmählich kommt wieder ein wenig Licht. Erledigt und zitternd vor Angst kriecht Stephan auf dem Boden herum. Seine Taschenlampe irrt umher. Da steht Haik neben ihm.
Haik: Da hast du’s, was für’n dummer Prahler du bist!
Stephan läßt sich von Haik führen. Nach einer Weile
Stephan: Ich hab die Bibel der Iskuhi Tomasian aus dem Haus geholt.
Es ist hell, als Stephan, Haik, Sato und Hayguhi auf die Bühne zurückkehren. Dort ist schon wieder Leben im Lager. Stephan wirft sich zitternd auf sein Bett. Juliette erscheint.
Juliette: Wenn du solche Abscheulichkeiten begehst bist du genau so wie Sato, ein schmutziger Vagabund. Dann mag ich dich gar nicht. Was ist dir eingefallen? Warum hast du das getan?
Stephan greift stumm nach Julietttes Hand. Die wehrt ab und geht. Bagradian schreitet herein.
Bagradian: Was war der Grund, mein Sohn, daß du das Schicksal so herausgefordert hast?
Stephan dreht sich weg.
Stephan: Ich…ich hab…nach was gesucht…
Bagradian: WAS hast du gesucht?
Stephan: …ist doch egal, Papa.
Bagradian: Zeigs her!
Stephan zieht unter seinen Knien Iskuhis Bibel hervor. Bagradian nimmt sie und blättert darin. Gibt sie Stephan wieder.
Bagradian: Vor dem Schlafengehen, nach dem Erwachen, wirst du mich von nun an aufsuchen und mir Meldung machen, klar!?
4.Szene
Fröhliches Treiben auf der Bühne. Gegenüber dem Altar wird eine Bühne aufgebaut. Die Leute reden darüber, daß im Führerrat nicht nur der Pfarrer Tomasian, sondern auch der orthodoxe Priester Haigasun diesen vergnüglichen Fest- und Tanzabend angesetzt haben. Saz-Gitarren, ein Grammophon spielt (wie im Buch Seite 436). Anschließend bringt Hrand Oskanian der Lehrer einen mißglückten Vortrag mit Versen (wie im Buch Seite 437) ohne Applaus zustande. Sodann beginnt das Tanzfest. Juliette gibt Gonzague und Oskanian einen Korb. Ein kurzer Tanz mit Bagradian, sie bricht aber ab, da die Musik ihr fremd ist. Iskuhi und Bagradian tanzen anschließend gelungen miteinander. Währenddessen*
Bagradian*: Und Ihre Bibel? Ist sie wirklich die Dummheit wert, die Stephan begangen hat?
Iskuhi*: Ich hab sie sehr gern. Aram hat sie mir geschenkt. Kommen Sie ich zeig Sie Ihnen.
*abseits, von Oskanian eifersüchtig beäugt
Juliette*: Wieviel Frauen waren bei der Künstlertruppe, die Sie bis Alexandrette begleitet haben?
Gonzague*: 18 oder 20 werden es gewesen sein.
Juliette*: Es waren doch gewiß auch junge und hübsche darunter. Ist Ihnen eine nahe gestanden, Gonzague?
Gonzague*: Artisten führen ein ernstes und nüchternes Leben…
Juliette*: Sie haben sich einige Monate in Alexandrette aufgehalten. In einer kleinen schmutzigen Hafenstadt…
Gonzague*: Alexandrette ist gar nicht so lächerlich wie Sie meinen, Juliette, es gibt dort einige sehr kultivierte armenische Familien mit schönen Häusern und großen Gärten…
Juliette*: Ach so ich verstehe, eine dieser Familien war der Grund Ihres langen Aufenthaltes…
Gonzague schaut sie lang und innig an.
Gonzague*: Es war ein Irrtum…
Er nimmt Julietttes Hand und verschwindet mit ihr von der Bühne.
Iskuhi geht mit Bagradian ins Zelt und hockt sich neben ihn über die Bibel, die einige Bilder enthält.
Iskuhi: Künstlerischen Wert hat sie gar keinen, Gabriel Bagradian. Ich find die Bilder aber hübsch.
Bagradian schaut nur sie an.
Bagradian: Sie lieben Ihren Bruder wohl mehr als alles andere auf der Welt, wie?
Iskuhi: Wir sind gewöhnt einander, Aram und ich.
Iskuhi rückt näher an Gabriel heran.
Stille.
Bagradian: Was haben Sie zu Stephan, diesem Monstrum, gesagt, Iskuhi?
Iskuhi: Ich war entsetzt, Gabriel, und ganz verzweifelt, daß er es meinetwegen getan hat.
Bagradian: Auch ich war natürlich entsetzt. Die Folgen dieses Dummenjungenstreiches sind nicht auszudenken. Gott sei Dank ist es gut abgelaufen. Man muß auf den Burschen besser achtgeben. Aber wie? Er ist in einem schrecklichen Alter.
Iskuhi: Ja. Man muß sich mehr um ihn kümmern. Der Himmel weiß, was in ihm vorgeht…Wäre er nicht mein Sohn, würde mir der Streich ganz gut gefallen…
Schrappnell-Einschlag. Bagradian stürzt heraus – Gonzague und Juliette, sie in aufgelöstem Zustand – zurück auf die Bühne. Das Licht geht aus. Splittergranate. Lärm im Lager – „die Türken kommen“ usw…
5. Szene
Die Bühne wird umgebaut. Im Hintergrund Kilikians Verteidigungsanlage mit der Steinmauer, die dann die Lawine auslöst. Im Vordergrund die Gräben.
Hinten Kilikian der Deserteur, Oskanian. Im Hintergrund Haubitzfeuer. Oskanian der Lehrer versucht verzweifelt sein Gewehr zu laden, zittert am ganzen Leib. Kilikian zündet seelenruhig eine Zigarette. Er gibt fast wortlos, durch Gesten, Anweisungen an die sich um ihn scharenden Deserteure. Die Türken tauchen auf.
Oskanian: Jetzt! Jetzt, Kilikian.
Kilikian hält ihn mit einer Hand zurück. Der Türken werden mehr und mehr. Ein langer Pfiff von Kilikian. Die Lawine wird ausgelöst. Trommelwirbel bilden den gewaltigen Lärm ab. Türkengeschrei. An den Gräben weiter Haubitzfeuer. Verwundete, getötete Armenier. Nach einer langen Weile ebbt der Steinschlag ab. Ein zweiter langer Pfiff Kilikians. Herumliegende Türken werden von ihm und seinen Männern seelenruhig geplündert. Der immer noch zitternde Oskanian ballert siegreich in die Luft.
Die Türken sind hinter die Gräben gekommen. Nahkampf. Da verbreitet sich die Nachricht vom Sieg in der Südbastion. Die Armenier bekommen neue Kräfte und gewinnen die Oberhand. Die Türken fliehen.
Die Toten werden im Lager unterhalb der Bühne nieder gelegt. Der Priester verrichtet über ihnen Gebete. Die Verwundeten werden versorgt von Altouni, Juliette und Marik Antaram.
Licht aus.
6. Szene
Nachtlicht. Bagradian mit einigen Leuten aus dem Führerkreis, Awakian, Tschausch Nurhan, auch Kilikian. Bagradian hat den Zünder einer Granate und einer Schrappnelle in der Hand. Stephan betritt die Bühne.
Stephan: Vater ich melde mich ab zum Schlafengehen.
Bagradian: Gut. Er wendet sich den Leuten zu, läßt seinen Sohn stehen. Der bleibt. Hier also jetzt der Zünder der Splittergranate. Die Kerbe, die ihr hier seht, steht auf der Ziffer 3. Das bedeutet: Der Zünder wurde so eingestellt, daß der Abstand zwischen der Rohrmündung und dem Zielpunkt der Granate 3.000 Meter beträgt. Den Zünder haben wir etwa 1 Kilometer hinter unserer ersten Verteidigungslinie gefunden. Man kann also berechnen, daß die Geschützstellung cirka 2.000 Meter jenseits der Sattelhöhe liegt.
Bagradian holt seine Karte heraus und faltet sie auf.
Bagradian: Für ein gutes Schußfeld der Haubitzen kommt eigentlich nur die schmale kahle Rinne am Steilrand des Berges in nördlicher Richtung in Betracht. Ich habe Euch den Ort, an dem ich die Geschütze vermute, hierauf einmal rot markiert.
Er läßt die Karte herumgehen.
Tschausch Nurhan: Nun, so sollten wir versuchen die Geschütze zu erobern.
Bagradian: Geben die Türken ihre Unternehmung auf, so werden sie die Haubitzen wieder ins Tal schaffen. Haben sie einen neuen Plan, so werden sie einen Stellungswechsel durchführen. Gegen eine starke Geschützbedeckung wird ein offener Angriff von uns verheerend für uns ausgehen.
Tschausch Nurhan: Wenn wir uns in den Besitz der Geschütze bringen haben wir weitaus größere Aussicht einem weiteren Angriff Stand zu halten.
Bagradian: Es ist zu riskant.
Tschauch Nurhan: Wir könnten ein paar unserer Späher schicken, um die Lage zu erkunden.
Bagradian: Das würde zu lange dauern. Die Nächte sind kurz. Und gerade das Leben der jungen Burschen ist kostbar und wir gefährdeten es unnütz.
Tschausch Nurhan: Es sind noch 3 Stunden Zeit bis zum Morgengrauen.
Bagradian schroff: Tschausch Nurhan, auch du bist übermüdet und zu nichts mehr brauchbar. Schluß jetzt! Laßt uns schlafen! In einigen Stunden sehen wir weiter.
Die Runde der Führer löst sich auf. Sie beziehen ihr Nachtlager. Stephan, der sich auf Hörweite zurückgezogen hatte bleibt allein auf der Bühne. Da kommen Haik und weitere Kinder, die sich versteckt gehalten hatten, hervor und gesellen sich leise zu Stephan. Sie werden vom Mondlicht beschienen.
Haik: Wir haben alles mit angehört. Von Deinem Vater scheinst du ja deinen Übermut nicht zu haben…
Stephan: Ohne ihn wärt ihr gar nicht hier. Aber die Sache einmal auskundschaften, einfach so, das ginge doch!?
Haik: Ihr bleibt hier! Wartet!
Haik huscht davon.
Haik wiederkehrend: Mein Gott, man sieht sie wie am hellichten Tag. Zwei große dicke goldgelbe Dinger, sechs Schritte Abstand voneinander. 14 schlafende Kanoniere konnt’ ich sehen. Es war kein Offizier dabei. Nur einen Wachtposten haben sie dahin gestellt.
Stephan: Da reichen 2 Gewehre mit je 5 Patronen. Du weißt wie gut ich zielen kann. Wer am Leben bleibt von denen läuftz garantiert davon.
Haik: Du bist immer derselbe Aufschneider. 2 Späher nehmen wir noch mit, damit sie dich in die Mitte nehmen, daß du dich nicht verläufst, du Europäer. Na los!
Haik und Stephan schleichen sich an 2 tief schlafende Soldaten heran und entwenden ihnen Gewehr und Munition. Die Gruppe macht sich auf den Weg. Nach einer Weile hört man Schüsse in der Ferne.
Die Posten erschrecken und wecken die Führer. Die zurückgebliebenen Kinder stürzen heraus. Hayguhi läuft zum schlaftrunkenen Bagradian.
Hayguhi: Haik und Stephan. Sie sind dort! Stephan und Haik.
Bagradian läuft los. Weitere mit Gewehren ihm nach, darunter Tschausch Nurhan.
7. Szene
Morgengrauen. Bagradian und Tschuach Nurhan an den gewonnenen Geschützen. Mühsam lädt Bagradian. Schließlich 2 gewaltige Donnerschläge. Jubel im Lager. Einige Männer treten an Bagradian heran. Einer führt das Wort.
Armenier: Herr, Euer Sohn hat heut Nacht Großes geleistet für sein Volk. Wir wollten dir antragen, daß eine kleine Zeremonie zu seinen Ehren abgehalten wird, in welcher du ihm den Titel „Elleon“ verleihen magst.
Bagradian: Das kommt gar nicht in Betracht. Er ist noch ein Kind, das sich keine rechte Vorstellung von der Gefahr gemacht hat, in die er sich begeben. Also ist er auch kein Held und ich wünsche nicht ihn eitel zu machen. Sonst wird es noch ein entsetzliches Ende mit ihm nehmen.
Sato erscheint, im Gefolge die Klagefrauen vom Friedhof, das sind Manuschak, Wartuk und Nunik. Die drei erscheinen in einem langen grauen Schleier und mit einem Tiegel voll fetter Salbe in der Hand. Sie hocken sich zu den Toten, heben ihre Schleier mit ihren schmutzigen Händen auf und beginnen ihre Klagelieder. Nebenbei such sich die Geldbeutel der Toten. Die Angehörigen bringen die Leichenhemden heraus und übergeben sie den Klageweibern. Der Arzt Altouni beobachtet sie.
Nunik: Laßt doch Eure Münzen nicht verrosten, sondern tut ein wohltätiges gottgefälliges Werk damit. Gebt sie uns, daß wir unten am Friedhof nicht Hunger leiden müssen.
Trauernder: Sie hat recht.
Ein anderer: Euch Verrückten tun selbst die Türken nichts zuleide, wie?
Eine Frau: Geh schon hinein und hol unsere Metalliks. Ins Paradies können wir sie nicht mitnehmen.
Altouni (zu sich): Abergläubisches Volk!
Ein anderer: Möcht nicht wissen, wieviele Münzen sie unter den Gräbern schon angehäuft haben…
Die Toten werden von den Klageweibern gewaschen und eingekleidet. Die Gefallenen werden um den Altar getragen. Ter Haigasun nähert sich, stimmt den Totengesang an und hält die Totenansprache.
Ter Haigasun: Diese lieben Brüder hat der blutige Tod uns entrissen. Und doch müssen wir Gott, dem Vater, dem Sohn, dem Heiligen Geist, inbrünstig für die unverdiente Gnade danken, daß sie im Kampfe, in der höchsten Freiheit sterben durften und unter den Ihrigen hier in der Erde ruhen werden. Ja, noch besitzen wir die Gnade eines freien und eigenen Todes. Und darum müssen wir, um die Gnade, in der wir leben, richtig zu erkennen, immer und immer wieder an die 100.000 denken, denen diese Gnade entzogen ist, die in der schändlichsten Sklaverei sterben, die unbestattet in den Straßengräben und auf den weiten Steppen faulen oder von den Geiern und den Hyänen gefressen werden.
Aufstöhnen unter den Versammelten. Der Priester schüttet ein Häuflein Totenerde unter das Haupt jedes Toten.
Alle ab, nur die Klageweiber bleiben.
8. Szene
Nunik, Wartuk, Manuschak nähern sich allmählich dem Zelt Howsannahs. Nunik vorneweg; sie bleibt stehen.
Nunik: Spürt Ihr nicht das leichte Zittern in der Luft grad hier? Da gibt es noch zu tun heut für uns.
Nunik reibt sich die Hände. Sie geht noch ein Stück zum Zelt. Steht und lauscht. Allmählich wird hörbar das Wehklagen einer in den Wehen liegenden Frau. Die Klageweiber nicken sich zu. Sie schieben sich langsam in das Zelt hinein. Dort sind Iskuhi und die Gebärende Rücken an Rücken. Iskuhi klammert sich an den Bettpfoste. Die beiden erschrecken über die im Totenpomp erscheinenden Klagefrauen.
Nunik: Töchterchen, das ist eine gute Vorbedeutung, wenn wir so kommen. Dann bleibt der Tod hinter uns.
Nunik zieht einen dünnen Eisenstab hervor und zeichnet auf die Innenwände des Zeltes große Kreuze.
Iskuhi: Warum zeichnest du diese Kreuze?
Nunik die Zeremonie fortsetzend, in singendem Tonfall : Um die Bettstatt einer Kreißenden versammeln sich alle Geistermächte der Welt, die bösen jedoch zahlreicher als die guten. Sooft das Kindlein sein Köpfchen aus dem Schoße stößt werfen sich die bösen Mächte darauf, um es zu durchdringen. Um der Gebärenden bei der Geburt zu helfen müssen wir des Teufels Geister so gut es geht draußen halten. Darum zeichne ich die Kreuze an die Wände, das Zeichen des Erlösers. Jeder böse Dämon sucht sich ein Organ des jungen Geschöpfes, das Herz, die Leber oder die Lunge. Bei der Geburt tobt ein Kampf um das Kind. Je heftiger der Kampf ist, umso schwerer sind die Wehen. Ihr tut gut daran unsere Hilfen anzunehmen.
Wartuk bindet der leicht eingeschläferten Schwangeren mit einer Seidenschnur Hand- und Fußgelenke.
Nunik: Je länger du geschlossen bleibst, bleibt auch deine Kraft in dir. Je später du dich öffnest, umso mehr Segen wird in dich eingehen und aus dir kommen.
Manuschak macht vor dem Zelt währenddessen ein kleines Feuer und macht darin Steine heiß. Da erscheint der Arzt Altouni. Er hebt seinen Stock und prügelt die Klageweiber von hinnen.
Altouni: Ihr Aasgeier ihr! Fort mit euch! Hinaus mitsamt Eurer Pfuscherei!
Draußen vor dem Zelt steht viel neugieriges Volk. Hin und wieder drängen sie sich hinein, um einen Blick zu erhaschen.
Altouni: Hey Junge, hol mir schnell meine Frau hierher.
Der Junge läuft los. Der aufgeregte Aram kommt herein.
Aram zu Iskuhi: Wie geht es Howsannah? Kommt sie voran?
Iskuhi blickt zweifelnd drein.
Aram: Nun, ich muß wieder los zu meinen Leuten. Es darf kein Schlendrian einreißen.
Iskuhi: Geh du nur, Bruderherz.
Mairik Antaram kommt ins Zelt und schubst gleich einmal einige Neugierige beiseite.
Mairik zu Altouni: Du kannst gehen, mein guter Mann. Hier ist die Hebamme gefragt.
Abseits auf dem Platz läuft Aram auf und ab. Sein Vater Tomasian, im Sonntagsstaat gekleidet, geht in freudiger Erwartung hinter ihm drein.
Tomasian: Das habe ich vom Apotheker Krikor für dich geschenkt erhalten. Da ist Wacholder drin. Das stärkt dir Herz und Nerven.
Aram hält inne und stürzt den Trunk hinunter. Eine alte Frau geht auf ihn zu mit einem riesigen Ei in der Hand.
Alte Frau: Hochwürden. Dies ist ein besonderes Ei. Ein Hahn hat es bei Neumond gelegt. So Deine Frau dies Ei roh und mit der Schale isst kommt die Geburt sofort in Gang.
Aram schaut völlig entgeistert. Tomasian nimmt das Ei.
Tomasian: Danke für die Hilfe, gute Frau.
Tomasian bringt das Ei der am Zelteingang stehenden Iskuhi. Nach einer Weile, aufgrund der Geräusche in dem Zelt
Nunik: Sie hat geboren.
Die drei Klageweiber eilen ins Zelt und kommen mit der Nachgeburt wieder. Sie stecken 7 Nähnadeln hinein und werfen sie ins Feuer. Aram eilt ins Zelt. Nach einer Weile tritt er wieder heraus, den Säugling auf dem Arm.
Aram: Ein Junge. Es ist ein Junge.
Armenier: Bravo! Ein neuer Kämpfer gegen die Türken.
Ein anderer: Was hat er da für ein Feuermal über seinem Herzen…(an die Klageweiber gerichtet) Was hat das zu bedeuten, daß er da ein Feuermal am Herzen trägt?
Die Klagefrauen nehmen ihre Stöcke zur Hand, schauen bedeutungsvoll und machen sich reich beschenkt auf den Rückweg.
9. Szene
Abseits auf einer Bank sitzend Gonzague und Juliette. Gonzague zündet sich eine Zigarette an.
Gonzague: Ich habe nur noch 50 Stück…Nun, wir werden bald nicht mehr hier sitzen…
Juliette sieht ihn entgeistert an.
Gonzague: Ich meine, wir werden beide davongehen, du und ich! Die Türken haben das Dorf unten mit ihrer arabischen Minderheit besiedelt und Moscheen aus den umliegenden Kirchen gemacht. Bald werden sie eine neue größere Armee schicken. Es wird Zeit!
Juliette sieht ihn verständnislos an.
Gonzague: Sei unbesorgt. Wir müssen lediglich ein Stück auf dem Felsgrat nach Süden klettern. Rechts von Habaste erreichen wir die Orontesebene und die Straße nach Suedja. Gestern nacht hab ich den Weg erprobt und bin keinem Menschen begegnet. Der Direktor der dortigen Spiritusfabrik, ein Grieche wie du weißt, stellt sich uns vollkommen zur Verfügung. Der kleine Küstendampfer der Fabrik geht am 26sten mit einer Ladung nach Beirut ab. Der Dampfer fährt unter amerikanischer Flagge. Der Direktor sagt, es sei nicht die geringste Gefahr vorhanden. Du wirst eine eigene Kabine haben, Juliette. Wenn wir in Beirut sind, hast du das Spiel gewonnen.
Juliette: Und Gabriel und Stephan?
Gonzague: Gabriel und Stephan? Sie sind weithin erkennbar Armenier. Ich habe den Direktor auch ihretwegen gefragt. Er lehnt es ab für einen Armenier irgend etwas zu tun. Er steht sich mit der türkischen Regierung sehr gut und darf sich nicht exponieren. Gabriel Bagradian und Stephan kann leider nicht geholfen werden…
Juliette rückt von seiner Seite ab.
Juliette: Und ich soll mir helfen lassen…Von dir…
Gonzague: Er selbst wollte dich doch fortschicken, bitte, erinnere dich nur, Juliette. Und zwar mit mir!
Juliette drückt die Fäuste an ihre Schläfen.
Juliettte: Ja, er wollte mich und Stephan fortschicken…Und ich habe ihm das angetan…Und ich belüge ihn…
Gonzague: Du sollst ihn ja gar nicht belügen, Juliette. Ich bin der Letzte, der das von dir verlangt. Im Gegenteil! Du sollst ihm die ganze Wahrheit sagen. Am besten noch heute.
Juliette springt auf.
Juliettte: Was? Ich soll ihn ermorden? Das Schicksal von 5.000 Menschen liegt auf ihm. Und in dieser Zeit soll ich ihn ermorden?
Gonzague: Diese großen Worte verdrehen alles. Wirst du ihn wirklich damit ermorden, daß du dich rettest, Juliettte?
Juliette rückt wieder an ihn heran. Gonzague ergreift ihre Hand.
Gonzague: Schau, du hast nur dieses einzige Leben und bist nur ihm verpflichtet. Und die wahre Natur des Daseins ist eine lange Kette von Wünschen und Begierden. Die mußt du ihm rücksichtslos erfüllen. Dafür nimmt man Gefahren auf sich und setzt sich gar dem Tode aus, denn außerhalb der Befriedigung unserer Wünsche gibt es gar kein Leben. Bin ich nicht wegen meiner Liebe zu dir hier heraufgezogen? Das aber, was du für Schonung, Liebe und Aufopferung hältst, Juliette, ist nichts als bequeme Angst.
Juliettte: Du bist so ordentlich, Gonzague, so entsetzlich klar und ordentlich, Gonzague. Ich halte das nicht aus. Warum bist du nicht so, wie du früher warst?
Gonzague streichelt sie an ihrem Körper entlamg. Juliettte weint.
Gonzague: Du hast noch Zeit, Juliettte, dich zu entscheiden.
10. Szene
Der Führerrat sitzt beisammen. Ter Haigasun, Bagradian, Awakian, Tschausch Nurhan, der Muchtar Kebussjan, Altouni, Aram Tomasian, Schatakhian. Der Apotheker Krikor auf seinem Krankenlager, reiht ab und an komplexe wohlklingende Worte ohne Zusammenhang aneinander. Wächter vor der Baracke.
Ter Haigasun: Wie ist es um unsere Vorräte bestellt, Aram Tomasian?
Aram: Kein Öl, kein Wein, kein Zucker oder Honig. Reste von Tabak oder Kaffee. Um das Fleisch zu salzen reicht der Salzvorrat noch drei Tage. Die Viehherde ist noch zu einem Drittel vorhanden. Aber Thomas Kebussjan mag berichten, wie es um das restliche Vieh steht.
Kebussjan: Meine Schafe sind dahin. Ich erkenne sie nicht wieder. Bevor sie hier heraufzogen wog ein Hammel bis zu 50 Oka. Jetzt hat es kaum das halbe Gewicht. Die Gemeinwirtschaft – sie muß ja sein – bekommt den Tieren nicht. Sie magern ab, wenn sie keinen Besitzer mehr spüren, nicht mehr wissen, zu wem sie gehören. Außerdem sind alle Gegenden in der Nähe des Lagers abgeweidet. Auch die Milch der Tiere taugt nicht mehr. Wir müssen neue Weiden uns erschließen.
Bagradian: Nein! Wir leben nicht in Frieden und Fröhlichkeit. Weder Mensch noch Vieh können hier frei herumlaufen. Türkische Kundschafter umlauern uns ringsherum. Innerhalb der Lagergrenzen muß es doch noch Weidegründe geben. Laßt uns das Vieh auf die hohen Kuppen hinauftreiben.
Kebussjan: Auf den Kuppen ist das Gras kurz und verbrannt.
Bagradian: Wie dem auch sei: lieber mageres Fleisch als gar keines!
Ter Haigasun: Es ist wie Bagradian sagt.
Aram: Wir können aber etwas tun. An der Steilseite der Küste ist das Meer leicht zu erreichen. Ich hab dort einen Pfad entdeckt, der sich ausbauen ließe. In zwei Tagen Arbeit hätten wir eine bequeme Verbindung zwischen Meer und Lager. Wir können dort eine Salzbleiche anlegen, ein Floß bauen und ein wenig Fischerei betreiben. Die Frauen können hierfür Schleppnetze anfertigen.
Ter Haigasun: Schön, organisiere er das bitte. Bedros Hekim, wie sieht es aus in deinem Lazarett?
Altouni: Aus der letzten Schlacht nahmen wir 41 Verwundete auf. Vier haben sehr hohes Fieber. Die übrigen sind Gott sei Dank außer Lebensgefahr. 28 davon werden bereits von ihren Familien gepflegt. Die kehren bald sicher zurück zur Truppe. Aber der junge Deserteur aus Aleppo, der zu uns gestoßen ist, hat eine merkwürdige Krankheit eingeschleppt. Er ringt mit dem Tode und hat bereits andere angesteckt. Das sind Anzeichen einer Epidemie, die ist so gefährlich wie die Türken sind. Ich habe diese Kranken von den übrigen getrennt und in den Buchenwald fernab vom Lager verbracht. Zu Bagradian: Mein Freund! Ich bitte dich dringend Juliette zu ersuchen, sie möge nicht mehr zur Krankenpflege kommen. Sie ist eine sehr gütige Helferin. Aber ich bin sehr besorgt um ihre eigene Gesundheit. Sie hat sich sehr verändert. Gibt sonderbare Antworten bisweilen. Kümmere dich mehr um sie.
Nach einem Moment der Stille.
Ter Haigasun: Nun, Gabriel Bagradian, sagen Sie uns aufrichtig: Wie steht es um unsere Verteidigung?
Bagradian: Die Verteidigung hängt immer vom Angriff ab. Und da bin ich überzeugt, daß es um uns verzweifelt steht. Die türkische Regierung wird bis zur Raserei erbittert sein über unsere Siege. Wer weiß, vielleicht hat jetzt der Armeekommandant Dschemal Pascha selbst den Krieg gegen uns in die Hand genommen. Wir dürfen daher nichts unversucht lassen uns auf andere Art zu retten. Freilich sieht das Meer so leer aus, als gäbe es die Schiffahrt noch nicht. Laßt uns dennoch Boten entsenden, um unser Schicksal vielleicht doch zu wenden! Nehmen wir die besten Schwimmer. Sie sollen die Bucht von Alexandrette erreichen und dort auf unsere Leute aufmerksam machen. Vielleicht liegt ja, gegen die Wahrscheinlichkeit, ein Torpedoboot der Alliierten vor der Reede von Alexandrette. Nehmen wir die besten Läufer, sie sollen Mr. Jackson, den amerikanischen Generalkonsul in Aleppo alarmieren. Alexandrette liegt nur 35 Meilen nordwärts und der Weg kann über ausgestorbene Bergeshöhen genommen werden. Das Kriegsschiff in der Bucht schwimmend allerdings…Die Läufer nach Aleppo haben 85 Meilen vor sich. Sie können nur bei Nacht gehen, nicht auf breiter Straße und dennoch unter Todesgefahr. Erreichen sie aber Mr. Jacksons Haus sind sie selbst gerettet.
Ter Haigasun: Das ist gut. Die Schwimmer und der oder die Läufer – je weniger desto besser – sollen sich morgen vor Sonnenuntergang freiwillig auf dem Altarplatz versammeln. Jede Abordnung bekommt einen Brief mit, auf einer Seite in französisch, auf der anderen Seite in englischer Sprache.
Bagradian: Schön, dann schreibe ich den Brief an Mr. Jackson.
Aram: Und ich das Manifest an das Kriegsschiff.
Ter Haigasun: Samuel Awakian wird dann alles in Reinschrift verfassen.
Hran Oskanian fährt von seinem Sitz auf und starrt Ter Haigasun in herausforderndster Weise an.
Ter Haigasun: Setz dich, Lehrer Oskanian, und gib Ruhe! Deine Handschrift ist nämlich viel zu schön. Niemand, der sie liest, würde uns unsere Not abkaufen, wenn sie noch solche Schlingen und Schnörkel zusammenbringt.
Oskanian tritt auf Haigasun zu.
Oskanian: Priester! Du irrst dich in mir. Ich bin auf die dumme Schmiererei, weiß Gott, nicht eifersüchtig.
Er ballt die Hände zu Fäusten und fuchtelt damit vor Ter Haigasun herum.
Oskanian: In diesen Händen steckt längst keine Schönschrift mehr, Priester. Das haben sie bewiesen, wenn du dich auch ärgerst.
Ter Haigasun: Meine Herren, es ist alles gesagt.
11. Szene
Ter Haigasun mit Aram Tomasian am Altarplatz. Vor ihm etwa 15 Jünglinge zur Auswahl. Bagradian, neben sich Iskuhi, stößt dazu. Haik und Stephan sind unter den Jünglingen. Haigasun begrüßt Bagradian und Iskuhi. Dann geht er auf zwei Jünglinge zu.
Ter Haigasun: Hier in diesem Ledergürtel steckt die Botschaft an den Kommandanten irgendeines ausländischen Schiffes, das ihr im Hafen von Alexandrette seht. Gott sei Euch gnädig.
Jetzt geht er auf Haik zu.
Ter Haigasun: Du bist zäh und gelenkig, mit dieser Erde hier blind vertraut. Wenn einer es nach Aleppo schaffen kann dann du. Gott geleite dich!
Stephan: Warum denn nur Haik? Ich will auch nach Aleppo…
Gabriel Bagradian gebietet ihm durch eine Geste zu schweigen.
Stephan: Warum Haik und nicht ich, Papa?! Ich werde nach Aleppo gehen.
Ter Haigasun: Weisen Sie Ihren Sohn zurecht, Bagradian!
Aram: Der Führerrat hat den Befehl gegeben, daß nur einer nach Aleppo geht. Du als großer und kluger Mensch mußt es ja wissen, was für uns alle ein Befehl des Führerrates bedeutet. Widerspruchslosen Gehorsam! Nicht wahr?
Stephan an seinen Vater: Haik ist nur um drei Monate älter als ich. Er spricht nicht einmal französisch. Mr. Jackson wird ihn nicht verstehen. Und was Haik kann, das kann ich auch.
Bagradian geht auf Stephan zu: Was kannst du? Nichts kannst du! Ein verweichlichter Europäer, ein verzogenes Großstadtkind bist du. Dich fängt man wie eine blinde Katze. Fort mit dir jetzt! Geh zu deiner Mutter! Hier will ich dich nicht länger sehen, sonst…
Stephan fängt an zu heulen und geht schluchzend ab. Mancher spottet. Haik bleibt unbewegt.
12. Szene
Ter Haigasun, Aram Tomasian, Gabriel Bagradian verbleiben auf der Bühne. Awakian, Tschauch Nurhan und Hrand Oskanian kommen dazu, Nurhan mit Pistole, Oskanian mit Gewehr.
Awakian: Seid gegrüßt! Meine Herren, Ihr wißt so gut wie ich, wie gereizt die Stimmung in den letzten Tagen im Lager geworden ist. Ständig irgendwelche Raufereien, Unruhe unter den Deserteuren, das einfach Volk spürt die Ausweglosigkeit der Lage, trotz unserer Erfolge. Draußen an der Küste flattert unsere Fahne „Christen in Not“ vergeblich im Wind – unsere Späher haben nicht einmal Meldung gemacht, daß sie etwa auch nur einen Kutter gesichtet hätten. Laßt uns einmal sehen, ob sie ihre Arbeit tun oder dahinschlummern. Vielleicht können wir auch eine weitere Beobachtungsstation einrichten. Die Rettung kann doch nur von draußen kommen.
Bagradian: Also los, Männer!
Sie gehen in Richtung Saaleingang, dann die Stufen hoch. Hinter der Saalmitte taucht plötzlich Sato auf. Sie macht wilde Bewegungen, will auf sich aufmerksam machen. Niemand will sie erst wahrnehmen, dann aber bleibt Oskanian stehen. Sato zwinkert und fuchtelt, weist in die Richtung des anderen Saalausganges, wo das Klavier leise sinnliche Töne von sich gibt. Die anderen stehen nun auch. Ter Haigasun tippt Sato mit seinem Stock an.
Ter Haigasun: Auf vorwärts! Zeig uns, was du weißt!
Sato legt die Hand an den Mund zum Zeichen, daß alle leis sein sollen. Sie hüpft voran, winkt die Führer herbei. Alle sind gebannt, nähern sich im Dunkel dem Klavier. Darauf liegen, innig vereint, jetzt im grellen Scheinwerferlicht, Gonzague und Juliette. Gonzague springt auf, richtet seine Kleidung blitzschnell. Juliette, in Unordnung, die Schultern entblößt, hebt den Kopf und starrt Gabriel wie eine Blinde an. Gonzague ist schon abseits. Oskanian hält sich seinen Gewehrlauf an den Mund. Außer Gabriel, dem Tschausch Nurhan seine Pistole überläßt, Oskanian und Sato kehren alle übrigen der Szene entsetzt den Rücken. Juliettte ist jetzt in kauernder Haltung. Als die Männer sich wieder umdrehen hat Gabriel Juliette aufgehoben, stützt sie zum Gehen und redet besänftigend auf sie ein. Während alle nach den Worten
Ter Haigasuns: Was Ihr gesehen habt, darüber haltet den Mund!
ins Dunkel abziehen bleibt Gonzague mit verspieltem Lächeln allein zurück.
13. Szene
Die Jungen und Mädchen, nicht Haik und nicht Hayguhi, stehen bei Sato. Die macht obszöne Grimassen, schildert in Worten, Gesten und Mimik, was sie gesehen.
Ein Junge: Da kommt der Hurensohn.
Stephan und Hayguhi nähern sich.
Stephan: Wovon redet ihr?
Ein Junge: Sato hat deine Mutter, die Französin, mit dem Fremden gesehen. Sato, zeig mal, wie.
Sato legt sich hin, winkt den Jungen herbei, macht Zuckungen und gibt Laute von sich, während der Junge sich über sie beugt. Da reißt Stephan Sato hoch und verpasst ihr eine Faust in ihr Gesicht. Laut aufheulend dreht Sato ab.
Einige Jungen: Iiii – er hat ein Mädchen geschlagen.
Ein Junge: Du gehörst nicht zu uns!
Anderer Junge: Auf ihn, Jungs.
Sie stürmen los. Hayguhi hält sie eifrig von Stephan fern. Stephan schüttelt einige ab; manch einen schmeißt er hin. Das Theater lockt die Bewohner des Lagers heraus. Stephan bringt sich in Sicherheit. Alle ab. Stephan steht allein vor dem Zelt der Elternund geht verzweifelt fort.
14. Szene
Am Altar verabschieden Aram Tomasian und Ter Haigasun neben anderen vom Führerrat, jedoch ohne Bagradian, die Schwimmer und anschließend Haik vor dem versammelten Volk. Stephan beobachtet das abseits.
Aram: Jünglinge! Auf euch ruhen die Hoffnungen und Segenswünsche von uns allen. Gott der HERR weise euch den Weg zu unserer Rettung.
Ter Haigasun macht das Kreuzzeichen über die Schwimmer. Die Schwimmer verlassen die Bühne über den Mittelgang, begleitet von ihren Eltern. Verabschiedung im Mittelgang. Zwei Mädchen kommen hinterher. Sie begleiten jede einen Jüngling Hand in Hand bis ganz nach oben zum Ausgang. Die Mädchen kehren traurig zur Bühne zurück.
Ter Haigasun: Haik, mein Sohn. Du bist ohne Vater aus Kaukasien mit deiner Mutter zu uns gekommen. Darum nenne ich dich ‘mein Sohn’. Wir legen unser Schicksal auch in deine Hände. Wir vertrauen auf deinen sicheren, gewandten Schritt und auf Gottes Gnade. Der HERR sei mit dir.
Tomasian drückt ihm einen Geldbeutel in die Hand.
Aram: Wenn Du in ungnädige Hände fällst, versuche damit dich loszukaufen.
Ter Haigasun macht das Kreuzzeichen auf seine Stirn und umarmt ihn. Seine Mutter geleitet ihn über den Mittelgang. Haik zieht seine Mutter zur Seite und schmiegt sich eine lange Weile an sie. Dann reißt er sich los und verläßt beinah den Saal durch den anderen Ausgang. Stephan, mit Rucksack bepackt, ihm hinterher. Hayguhi wiederum Stephan hinterher.
Hayguhi: Du darfst nicht gehen, Stephan.
Stephan: Laß mich! Niemand hält mich hier!
Hayguhi: Du mußt bleiben. Deine Mutter ist krank. Du weißt es noch nicht…
Stephan stutzt.
Stephan: Ich kann ihr nicht helfen…
Stephan rennt nach oben.
Stephan: Haik, ich komm mit dir…
Haik dreht sich um. Stephan erreicht ihn.
Stephan: Ich werde mit dir nach Aleppo gehn!
Haik hält seinen Stock gegen ihn ausgestreckt.
Haik: Halt! Der Führerrat hat mich beauftragt und Ter Haigasun hat mich gesegnet. Du bist nicht beauftragt und gesegnet…
Hayguhi: Du bist nicht beauftragt und nicht gesegnet. Dir ist es verboten.
Stephan steigt am Stock ziehend zu Haik hoch.
Stephan: Es ist Platz genug für dich und mich.
Haik: Geht nicht um dich und mich, sondern um den Brief an den Konsul Jackson.
Stephan holt etwas aus der Tasche vor.
Stephan: Ich hab den Brief an den Konsul Jackson nochmal abgeschrieben. Zwei sind besser als einer.
Haik: Du willst wieder mal gescheiter sein als andere.
Hayguhi: Du willst wieder mal gescheiter sein als andere.
Stephan: Tu was du willst du kannst es nicht verhindern, daß ich auch nach Aleppo gehe.
Haik: Du aber kannst dadurch verhindern, daß der Brief in Aleppo ankommt.
Stephan: Ich laufe nicht schlechter als du!
Haik: Also wieder nur Wichtigmacherei!?
Stephan dreht sich um, bedeckt sein Gesicht. Er schluchzt.
Stephan: Ich kann nicht zuirück…Jesus Christus…Ich …kann…nicht…zurück…
Haik: Du hast recht. Platz ist genug. Niemand kann dich hindern…
Hayguhi: Was? Ich – ich werde ihn anzeigen!
Haik: Anzeigen?! Zeig du nur an! Aber vorher schlag ich dich so zusammen, daß du nicht mal mehr nach Hause kriechen kannst.
Hayguhi weicht zurück.
Haik zu Stephan: Hast du Proviant für 5 Tage?
Stephan klopft bejahend auf seinen Rucksack.
Haik: Marsch jetzt! Ich hab schon zu viel Zeit durch euch verloren.
15. Szene
Durch Abnahme der Beleuchtung auf leerer Bühne, Erlöschen, Zunahme, Abnahme, Erlöschen, Zunahme werden drei Tage angezeigt. Der Tag nimmt ab. Bagradian und Iskuhi spazieren im Mondschein.
Bagradian: Vielleicht liebe ich Juliette noch, wenigstens mit der Erinnerung. Aber das zwischen dir und mir, was ist das, Iskuhi? Am Ende meines Lebens hab ich dich finden müssen, wie ich hierher kommen mußte. Mein Lebtag hab ich immer nur das Fremde gesucht. Es hat mich verführt, doch niemals glücklich gemacht. Und auch ich habe das Fremde verführt und nicht glücklich gemacht. Man lebt mit einer Frau, Iskuhi. Und dann trifft man die einzige wahrhaftige Schwester, die man hat, und es ist zu spät…
Iskuhi: Wenn wir uns draußen in der Welt begegnet, irgendwo, hättest du dann die Schwester in mir auch bemerkt…?
Bagradian: Wer weiß…Vielleicht hätte ich sie nicht bemerkt…
Iskuhi: Und ich habe es sofort gesehen, wer du für mich bist, damals schon, in der Kirche, als wir von Zeitun kamen…
Bagradian: Damals? Ich bin ein anderer geworden, bin eingeschmolzen auf das, was ich immer war, Armenier. Und Juliette ist vielleicht auch eingeschmolzen. Und darum ist Stephan verloren…
Iskuhi greift nach seiner Hand.
Iskuhi: Warum sagst du das? Warum soll Stephan verloren sein? Er ist ein starker Junge. Und Haik kommt sicher nach Aleppo. Warum nicht auch er?
Bagradian: Er kommt nicht nach Aleppo…Bedenke doch, was geschehen ist. Das alles trägt er in sich…
Iskuhi: Du solltest solche Worte gar nicht aussprechen, Gabriel! Du schadest ihm damit. Ich habe alle Hoffnung für Stephan…
Hand in Hand verlassen sie die Bühne zu einem der Ausgänge. Währenddessen nähert Aram Tomasian sich von der anderen Seite. Zu sich selbst
Aram: Sieh da, ganz irre sind Howsannahs Reden also doch nicht. Aber was bitte, Howsannah, soll meine Schwester mit dem Fluch zu tun haben, den du auf unserem Kinde, dem elenden Wurm, liegen siehst? Das erklärt doch nicht sein tonloses Wimmern und was hat das zu tun mit dem Feuermal, das das einzige ist, was bei ihm gescheit wächst? Nein, viel eher kommt der Fluch von mir. Das Floß für den Fischfang fiel auf glatter See heut auseinander, fast wären die Fischer dabei ums Leben gekommen. Seit ich meine Waisenkinder um meines und eures Lebens willen im Stich gelassen habe plagt mich mein Gewissen. Und nun verlangst du, Howsannah, von mir, daß ich Iskuhi ins Gewissen rede? Ich, ihr zartfühlender Bruder?
O je, da kommt sie!
Iskuhi geht träumend ihres Weges. Da bemerkt sie ihn.
Aram: Lang haben wir uns nicht gesprochen, Iskuhi…
Iskuhi winkt ab.
Aram: Howsannah entbehrt dich sehr. Sie war an dich und deine Hilfe gewöhnt…Und jetzt wo das arme Kind da ist und es so viel Arbeit gibt…
Iskuhi: Aber du weißt doch, Aram, daß ich gerade jetzt wegen des Kindes am allerwenigsten zu ihr kommen kann…
Aram: Schön du hast die Krankenpflege für Juliette übernommen…Doch vielleicht braucht man dich in der eigenen Familie jetzt dringender…
Iskuhi: Die Hanum da drinnen hat keinen Menschen…und sie hat ein Fieber, von dem wir nicht wissen, was es ist…Howsannah ist wohlauf und hat Helferinnen so viel sie will…
Schweigen. Aram sucht nach Worten.
Aram: Du kennst mich, Iskuhi…Ich rede nicht gern herum…Willst du ganz offen mit mir sein? In unserer Lebenslage wäre alles andere ja lächerlich…
Iskuhi blickt zu Boden.
Iskuhi: Ich bin ganz offen zu dir.
Aram: Howsannah hat große Angst um dich, Iskuhi. Sie meint gewisse Dinge erkannt zu haben. Wir haben heute die halbe Nacht darüber gestritten. Deshalb frage ich das, verzeih mir: Ist zwischen dir und Gabriel Bagradian irgend etwas vorgegangen?
Iskuhi: Zwischen mir und Gabriel Bagradian ist nichts vorgegangen…Aber ich liebe ihn und werde bei ihm bleiben bis zum Ende!
Aram kommt ihr im aufgebrachten Zustand nahe.
Aram: Und das wagst du so leicht auszusprechen, mir ins Gesicht, mir!?
Iskuhi: Du hast es verlangt, Aram…
Aram: Bist du das, Iskuhi, du? Mir bleibt der Verstand stehn. Und deine Ehre, und deine Familie? Bedenkst du um Jesu Christi willen nicht, daß er ein verheirateter Mann ist?!
Iskuhi hebt den Kopf.
Iskuhi: Ich bin neunzehn Jahre alt und werde keine zwanzig werden!
Aram: In Gott wirst du älter werden, denn in Gott ist deine Seele unsterblich und verantwortlich!
Iskuhi: Ich fürcht’ mich nicht vor Gott…
Aram: Weißt du, was du tust, ahnst du den Pfuhl nicht, in dem du lebst? Da drinnen liegt seine Frau, todkrank, bewußtlos. Eine schamlose Betrügerin! Aber ihr betrügt sie noch hundertmal schamloser.
Iskuhi reißt entzsetzt die Augen auf, sucht Halt irgendwo. Durch den Mittelgang wird ein Leichnam im Leichentuch auf einer Bahre von ein paar Bettlern getragen. Bagradian nebenher. Die Klageweiber. Sato hin und her. Awakian eilt weinend voraus.
Aram: Wir wollen vernünftig sein, Iskuhi!…
Iskuhi schaut an ihrem Bruder vorbei, stöhnt leise auf. Jetzt hält Aram inne, dreht sich um. Die Prozession nähert sich der Bühne. Geigenspiel setzt ein. Der Leichnam wird auf der Bühne abgesetzt. Iskuhi sinkt in sich zusammen. Das Licht geht aus. Wie in Trance entfernen sich die Schauspieler von der Bühne. Bagradian bleibt. Stille. In die Stille und Dunkelheit hinein zwei beschwörende Stimmen aus dem off.
Ter Haigasun: Gabriel Bagradian, mein Sohn, bedenke, daß er dir nur um ein paar gleichgültige Tage vorausgegangen ist.
Altouni: Gabriel Bagradian, mein Kind, bedenke, daß diese nächsten Tage nicht gleichgültig, sondern teuflisch sein werden, und segne die Nacht!
16. Szene
Bagradian ist auf der Bühne, bleibt jedoch im Dunkel. Vielleicht läßt es sich machen, daß sein Schatten sichtbar auf die Bühne fällt. Agha Rifaat Bereket erscheint auf der Bühne. Im Gefolge laden 4 Männer Säcke und Ballen ab. Ein weiterer hält die grüne Fahne des Propheten in der rechten Hand, in der linken die weiße des Friedens. Agha rollt unaufhörlich die Bernsteinkugeln des Gebetskranzes durch seine Finger.
Agha: Gabriel Bagradian, ich bin gekommen als der Freund deines Vaters und deines Bruders. Du weißt, daß meine Bruderschaft und ich ihre Arbeit dem Frieden zwischen unseren Völkern gewidmet haben, der nun zerstört ist…Schuld ist hier und dort…
Bagradian: Wer dort ist, wo ich bin, der weiß nichts mehr von Schuld. Mich kümmert keine Schuld mehr, kein Recht und keine Rache…
Agha unterbricht seine Hände.
Agha: Du hast deinen Sohn verloren…
Bagradian: Und mein eigenes Ende kommt mir viel zu langsam. Oft möcht’ ich hinuntersteigen zu euch, damit nur schon endlich, endlich alles vorbei ist.
Agha: Du weißt, daß ich schon seit Monaten unterwegs bin, um für Euch zu wirken. Die Ruhe meines Alters habe ich dahingegeben. Ihr habt Freunde im Ausland und im Innern. Ein deutscher Pastor hat viel Geld für Euch gesammelt und ich stehe mit ihm in Verbindung. Fünfzig Sack Weizen habe ich aufgebracht. Es war nicht leicht. Sie haben sie nicht zu euch durchgelassen, nur den Kaffee, Zucker und Tee. 2 Säcke Reis noch. Ich denke der Weizen wird euren Brüdern in den Lagern zugute kommen. Doch nicht die Säcke waren der Grund, daß ich die Reise auf mich genommen habe. Der deutsche Pastor hat mir einen Brief übergeben, den er von einem Pastor Nokhudian erhalten hat und der für Euch bestimmt ist.
Agha händigt Bagradian den Brief aus.
Agha: Es ist fürchterlich, aber auf diesem Blatt erfahrt ihr wenigstens, was ihr sonst nie erfahren hättet, das Schicksal eurer Landsleute. Zugleich aber mögt ihr wissen, daß unser Volk nicht nur aus Ittihad, Talaat, Enver und ihren Knechten, euren Feinden besteht. Denn viele von uns reisen nach Osten, um den verhungernden Armeniern zu helfen…
Bagradian: Den Verschickten werdet ihr vielleicht helfen, uns nicht…
Agha: Dir könnte ich wohl helfen. Du siehst die 5 Männer, die mich begleiten. Der die Fahnen mit sich führt und sich verschleiert hat möchte Buße tun. Er hat viele Armenier auf dem Gewissen. Er möchte mit dir die Kleider tauschen und verschwinden. Die Pässe derer, die hier herauf durften, sind schon kontrolliert. Niemand wird einen Verdacht schöpfen., wenn du seinen Pass vorzeigst.
Gabriel tritt aus dem Dunkel heraus. Er ringt mit sich. Er küßt die Hand des Alten.
Bagradian: Warum bist du nicht damals gekommen, Vater, als alles noch leicht war, als wir unten in der Villa lebten?
Agha: Ich hatte damals gehofft es sei noch abzuwenden. Für dich ist es noch abzuwenden.
Bagradian tritt in das Dunkel zurück.
Bagradian: Nein, Agha, auch für mich ist es nicht mehr abzuwenden. Ich habe den Widerstand organisiert. Ich war der Führer in den Kämpfen gegen euer Militär. Jetzt wo ihr unsere Herden geschnappt habt und mit dem nächsten Angriff alles Lebendige in diesem Lager zu Tode foltern werdet, da soll ich mich einfach davonmachen?
Agha verharrt noch eine Weile schweigend. Dann gibt er den Männern einen Wink und sie kehren um.
17. Szene
Am Rand der Bühne, im Halbdunkel, dort, wo Kilikian die Steine ins Rollen gebracht hatte, liegt Kilikian lässig ausgestreckt. Oskanian redet auf ihn ein.
Oskanian: Du bist ein gebildeter, ein studierter Mensch, Kilikian. Du wirst mich verstehen. Immer hab ich geschwiegen, meine Gedanken waren mir zu gut. Du kennst das Leben, Kilikian, dich hat es umhergeworfen wie keinen. Du glaubst vielleicht, Hrand Oskanian ist sein Lebtag nichts anderes gewesen als ein lächerlicher Lehrer in einem dreckigen Dorf. Du weißt nichts von ihm. Er hat seine Idee. Schluß machen, verstehst du, Schluß machen! Denn wozu alles andere?
Kilikian schweigt.
Oskanian: Also du verstehst mich, Kilikian, wie ich dich verstehe, da brauchst du erst gar nichts zu reden. Wie du glaube ich, daß es keinen Gott gibt. Die Welt ist ein dreckiger Klumpen, der herumfliegt. Ein unreines Schwein ist sie. Das Letzte aber kann sie uns nicht nehmen, Kilikian, du verstehst mich. Du kannst ihr ins Gesicht spucken, du kannst ihr den Stärkeren zeigen, du kannst aus ihr austreten. Siehst du, das ist meine Idee! Ich, Hrand Oskanian, werde die Natur, den Teufel und den Herrgott zurechtweisen und ärgern. Den Teufel und den Herrgott deshalb, weil sie sowieso nur ein Blödsinn in unserem Kopf sind.
Kilikian: Wie viele Kisten an Proviant etwa sind noch im Lager?
Oskanian stutzt.
Oskanian: Kisten sind das wenigste. In Bagradians Zelt hängen so viele Frauengewänder, wie der reichste Pascha sie gar nicht zusammenträumen kann. Und jeder ist anders. Madame trägt nicht nur jeden Tag, sondern dreimal täglich ein anderes Kleid. Am Morgen weite Gewänder, rosafarben oder himmelblau. Die Mittagskleider sind sehr knapp und lassen die Füße sehen, die nicht dreimal, sondern sechsmal täglich andere Schuhe tragen. Dies alles aber ist noch nichts gegen die Gewänder des Abends…
Kilikian gähnt immer wieder während der Tirade.
Kilikian: Was gehen mich die Gewänder an, ich will wissen, was sie dort für Proviant aufheben.
Oskanian: Das kann ich euch genau sagen. Niemand weiß das besser als ich. Denn mich rief die Hanum unten in der Villa zu Hilfe, als all die Sachen ausgewählt und eingepackt wurden. Da haben sie ganze Türme von silbernen Dosen, in denen Fische in Öl liegen: Süßes Brot und Backwerk und Schokolade. Sie haben viele Krüge mit Wein. Amerikanisches Räucherfleisch und ganze Eimer mit Grieß und Haferflocken…Schluß machen…Schluß machen…
Kilikian: Werden wir auch…morgen abend…
18. Szene
Vor Sonnenuntergang. Die Menge hat sich vor dem Altar versammelt. Unruhe und Lärm. Schuschik, die Mutter Haiks, steht am Zelteingang von Juliette. Sato springt herum und weist Kilikian und weiteren Deserteuren den Weg zum Zelt. Kilikian tritt vor Schuschik.
Kilikian: Wir sind geschickt, um den Proviant abzuholen, den ihr noch immer bei euch habt.
Schuschik: Ich weiß von keinem Proviant…
Kilikian: Du wirst schon davon wissen. Die silbernen Büchsen mein ich, mit den Fischen, die in Öl schwimmen, die Weinkrüge und die Haferflocken.
Schuschik: Ich weiß von keinem Wein und keinen Haferflocken. Wer schickt dich?
Kilikian: Was geht das dich an? Der Kommandant!
Schuschik: Der Kommandant soll selbst kommen.
Währenddessen bildet die Menge eine Gasse für den Priester Ter Haigasun, der tief in sich versunken langsam zum Altar schreitet. Links und rechts von ihm Messdiener mit brennenden Kerzen. Als Kilikian seine Drohung ausspricht hält er inne, schreitet dann aber nervös weiter. Als der Lärm vor Juliettes Zelt größer wird, gedämpft von der unruhigen Menge, bleibt er kurz vor dem Altar noch einmal stehen. Da werden er und seine Gehilfen von Deserteuren zu Boden gerissen. Der Altar fängt Feuer. Das Lager brennt. Die Meute rettet, was zu retten ist. Die fiebernde Juliette wird von Iskuhi und Bagradian evakuiert. Die Bühne ist in orangenes Licht getaucht. Die Armenier bilden einen Ring darum.
Bagradian: Man schaffe mir die Haubitze herbei. Bevor die Türken uns morgen bei Tagesanbruch massakrieren lassen wir’s noch einmal krachen unten im Dorf.
So geschieht es. Nach einiger Zeit ein viel lauterer Widerhall von der Meeresseite.
Awakian: Der Kanonendonner kam von der See!!!
Nach kurzer Stille bricht ungeheurer Jubel aus. Bagradian greift sich einen Jungen.
Bagradian: Alle bleiben hier! Junge, renn ans Ufer und berichte uns, was du siehst.
Awakian: Ich komme mit und befrage den Kapitän.
Der Junge verläßt den Saal, kehrt atemlos zurück.
Junge: Eine Flotte mit französischer Flagge.
Awakian: Der Kapitän hat seinen Kurs gewechselt – aus Neugier, weil er das Feuer sah.
Wieder bricht Jubel aus. „Wir sind gerettet“ rufen viele. Ter Haigasun kniet nieder. Alle wenden sich zum Ausgang Richtung Schiff. Iskuhi, Juliette, Bagradian, Haigasun bleiben.
Ter Haigasun: Das Böse ist nur geschehen…damit die Gnade Gottes möglich werde…
Der Kapitän Brisson erscheint.
Juliette: Mon dieu, ein Franzose! Wie sehe ich aus! Monsieur, wie weit ist es nach Paris?
Brisson: Ich lade Sie ein auf eine Fahrt nach Alexandria, Madame. Von da ist es ein Katzensprung nach Paris.
Ich habe mir sagen lassen, Sie seien der Anführer, Monsieur?
Bagradian reicht ihm die Hand: Oui, Monsieur. Ich habe eine Bitte, Kapitän. Nehmen Sie meine fiebernde Frau, diese junge Dame und unseren Priester mit und schiffen Sie sie bestmöglich ein. Ich will noch einen kurzen Moment allein sein.
Brisson: Wie Sie wünschen, mein Herr.
Iskuhi und Bagradian tauschen Blicke. Iskuhi wendet sich noch einmal um, entschwindet als Letzte. Bagradian geht in die Flammen. Ein Husten ist zu hören, bis er schließlich auf der Bühne zusammenbricht.
ENDE