Germania

Aus einem Land, das Gottes Wort dem Volk reichte in einer Zeit, als alle Priester es ihm vorenthielten durchs Latein; durch ein Land, das Gottes Volk fast vertilgte; zu einem Land von wenig wahrhaftigen, vielen falschen Propheten, voller Trug und Wein:

Germania, Du Holde, Du Treue,
Heuchelst nur noch.
Heuchelei ist Deine Kunst.

Seit der Billy und der Iwan, beide Großmäuler vor dem Herrn, zueinander sprachen: „Nimm Du die eine Hälfte von ihr, ich werde mit der anderen vorlieb nehmen, denn ihr Größenwahn langt für uns beide“, seit der Zeit heuchelst Du, Germania. Du sprichst:

„Ich bin ja doch bescheiden geworden, und gerne doch, Ihr Herren, diene ich Euch beiden. Nein, besser noch, lege ich mich aller Welt zu Füßen – und strecke meine Waffen.“

Ja, Du strecktest Deine Waffen hinaus in alle Welt. Sie wurden Dir zur besten Ware und Du verdientest bestens am Verkauf. Aber die schmutzigen Hände der übrigen Händler waren Deiner Reinlichkeit zuwider. Darum hießest Du Deine Lieferanten Verträge machen mit den Käufern, daß Deine schönen Panzer nie in Kriegsgebiete rollen sollten. Und die Käufer unterschrieben; sie fanden Dich drollig, wie Du aller Welt beteuertest:

„Ich liefere nie dorthin, wo Waffen gebraucht werden.“

Und auch das andere Spielzeug für Männer bautest Du ihnen perfekt. Das teuerste unter ihnen priesest Du als neueste Barmherzigkeit der Mutter Gottes: MERCEDES. Sie gab es leider nicht umsonst. Und ihr heißer Atem verpestete die Luft. Da fandest Du Dir findige Männer, die ihren Ausstoß vor den Völkern verhüllen sollten. Als Billy das heraus bekam, fand Billy Dich bloß noch halb so drollig.

Dabei steckte Dir die Furcht vor Wei noch in den Gliedern. Denn der gelbe Mann überflutete den Markt, auf dem alles feil geboten wird, mit Billigwaren ohne Ende. Denn Arbeit ist im Reich des Riesen billig. Da schickte der Iwan, der nicht wirklich von Dir abgelassen hatte, Dir einen Mann und machte ihn zum Regenten. Der machte die Furcht vor Wei groß und er sprach: „Arbeiter, Du mußt nicht leben können von dem Lohne Deiner Arbeit. Den Teil Deines Lohnes, der die Ware zu teuer macht, den gibt Dir Germania als Zubrot. Und Germania nickte generös zu den Arbeitern, die den Aufstand einfach nicht oft genug geprobt hatten; und fortan ließen sie bei Germania anschreiben. Und Athene tat das auch. Germania aber sprach:

„Seid nur weiterhin so fleißig, denn Ihr seht ja, wie es dem Lande besser geht. Und denkt nicht, daß Ihr wieder vollen Lohn bekommen könnt, denn das brächte den Wohlstand in Gefahr.“

Aber die Arbeiter dachten es doch. Da ließ Germania die ins Land, die aus Ninive vor ihrem sauberen Kriegsgerät geflohen waren, denn Germania gefiel sich mehr und mehr als Wohltäterin und sie sprach: “Warum tut die Welt mir denn nicht gleich?”. Und die Arbeit blieb billig, auf daß niemand im Lande frech würde.

Und Germania, Du Heuchlerin,
Gebierst keinen Propheten mehr,
Es sei denn einen, der sich
Solchen Anschein gibt.
Germania, der Völker Wut
Liegt hinter Dir:
Denn Du bist, die sooo
Wütend macht!

A.R.
3.3.18