Legenden





Heiland, bring die Sturmflut wieder
Mit dem Macher in Prinz-Heinrich-Mütze!
Der schlug den Orkan danieder,
Schob das Meer zurück in eine Pfütze.
Heute sind die Helden bieder.
Ihre Räte sind nichts nütze.
Kennen gar nichts von der Tide.
Aus Laboren stammt die Grütze.

Nils Ole schmökt an seiner Pfeife,
Sieht das hohe Ufer drüben liegen.
Ein Plan fängt an in ihm zu reifen
Mit dem Plan damit nicht aufzufliegen.
Die Wasserwacht fährt Streife
In den Gärten, auf den Stiegen.
Drüben brennt das Licht der Kneipe -
Da wär heute Skat zu spielen.

Nils Ole hebt den Uhrendeckel,
Denn der Geber gibt um viertel sieben.
Bis dahin gilt es auszuhecken,
Wie er übersetzen kann nach drüben.
Wo Schwäne Hälse recken,
Schallt das Radio ihm übertrieben.
Es sind Pferde abzudecken
Und wird Zeit was auszuklügeln.

Heiland, treib ein Floß herüber!
Auf dem Trockenboden sind die Ruder.
Drüben warten die Skatbrüder
Und die Krüge bringt ein hübsches Luder.
Heutzutag sind Helden prüder.
Kaum wer traut sich was zu buttern,
Denn sie halten sich für klüger.
Aus Laboren stammt ihr Puder.

Nils Ole stößt vom Treppengiebel,
Sticht in trübe See voll Blech und Eisen.
Wäre er daheim geblieben,
Hätten Liedermacher nix zu schreiben.
Das geht an die Bequemen,
Die sich dünken für die Weisen:
Einer muss den Skat aufnehmen
Und dazu die Reise.

A.R.
20.12.20*

Der Winter wird noch hart

Der Winter wird noch hart /Der Ofen geht allmählich aus/ Ich hab mir nix erspart/ Die Bundeskasse steht in Trier/Wo eine Jüdin Karlchen Marx gebar/ Wahrscheinlich schon mit Bart.

Das Leben ist oft weniger bunt als grau/ Man trifft es selten genau/ Bloß die Idee davon ist schier/Die höchsten Stellen warnen/Vor Reisen ins Gelobte Land/Dabei hat niemand nach dem Weg gefragt.

Die Leute zählen auf das kleine Glück/Geben Groschen ungern aus der Hand/ Mir fehlt ein Groschen zur Mark/ Drum fang ich auf die alten Tage an/ Mich selber auszugeben.

Auszugeben als Soldat/Und ich erwarte Krieg/Bis dahin mach ich/In der Militärkapelle/Mit bei der Musik/Damit die Armee nicht ausrückt/Bete ich für gute Politik.

Ich gab sogar den Unterhalter/Ging mit Kindern auf ein Karussell/Obwohl mir schwindlig wird/Die Dinger gingen früher nicht so schnell/Doch ist das eine Zeit her/Das lief vor der Pandemie/Und ist für immer um/Die Leute starben einfach damals/Und die übrig blieben lebten weiter/Jetzt geht’s andersrum.

Ich geh als Virologe/Durch den abgesagten Karneval/Ich schaue nach dem Infektionsgeschehen/Das gibt’s sonder Zahl/Und wurde lange übersehen. Jetzt schlägt der Virus Alarm/Und aller Welt Atem bleibt stehen.

Das Parlament ist sogar eingenickt/Vervirte Menschen sehen/Trump vor Biden/Mozart hinter Haydn/Bach vor Telemann/Auch ist Joseph Roth/Schon länger tot/Als Langeweiler Thomas Mann/Und sie vertun sich so/ In ihren Zeiten/ Wie sich Menschen selten vertan/Dylan singt nicht wie Caruso/Apollo spielt nicht wie Pan/ Die meisten sind sterblich/Das ist erblich/Es geht uns an.

 Ich geb den orthodoxen Priester/In der abgelegten Anwaltsrobe/Schieb die Sakramente/ Löffelweise in die offnen Münder/Und für die, dies Maul verschließen/Das ist gesünder/Kippe ich den Wein/Genüsslich in mich selbst hinein. Denn Joseph Roth ist tot/ Und Blasphemie/Wird heilig in der Pandemie.

Die Dienerschaft führt aufgebahrt/Und voll mit Alkohol bis in den Arsch/ Mich zu mir nach Haus/Begleitet vom Radetzkymarsch/Der Winter wird noch hart.

A.R. 1.12.20

Tom Liwa spielt im Dorf (shut up, it’s shut down)

Was ist bloß los mit Liwjatan? 
Der macht jetzt die Schotten dicht.
Tom Liwa spielt im Dorf. 
Am letzten Schabbes bei Kerzenlicht. 
Die Lieder schaukeln den Kahn. 
Die am Ufer kratzen Schorf. 
Was ist bloß los mit Liwjatan? 
Der verträgt kein Sterben nicht. 
Tom Liwa spielt im Dorf 
Und leer bleibt der Coronatisch. 
Die Lieder spinnen das Garn. 
Die am Ufer brennen Torf. 
Was ist bloß los mit Liwjatan? 
Der erscheint so mütterlich. 
Tom Liwa spielt im Dorf 
Und brave Kinder gehen da nicht. 
Die Lieder machen den Schwan, 
Die Lieder machen den Hof. 
Die am Ufer findens doof 
Und pfeifen zur APO-Stroph’.

A.R. 3.11.20

Arthur Eichengrün

Gegen Kopfweh morgens zwei Cafés,

Abends zieh ich mir drei Weizen.

Tut’s in meiner Birne heftig heftig weh,

Verordne ich mir Aspirin

Von Arthur Eichengrün.

 

Schon im Altertum gab’s Theriak:

Vipernkraut als Himmelsarznei

Half den Kaisern gegen einen Giftanschlag:

Seit 1900 Aspirin

Von Arthur Eichengrün.

 

Felix Hoffmann hieß und war sein Knecht.

Arthur Eichengrün war Jude.

Bayer war und ist das nimmer nimmer recht.

Kein Jud erfand ihr Aspirin.

Die Firma leugnet Eichengrün.

 

Bayer wirft weltweit Tabletten ab

Für die Covid 19 Pandemie.

Chloroquin ist Dunkelhäuten Glyphosat.

Und Bayer kann nur dreckige Chemie.

Drum dankt für Aspirin

Nur Arthur Eichengrün!

 

A.R.

Baumgartner Höhe

 Die Tochter, die noch da ist, wacht am Bett,

Die Mutter hält mit Händen überkreuz den Hals bedeckt,

Die Rötungen, die Kerben hat sie mit Nivea eingecremt.

Ihre Glockenstimme fabuliert,

Wie schön sies bei der Tochter habe,

Ihr Plauderton verbrämt,

Dass sie noch gestern mit dem Kabel

Um den Hals herum hantierte.

 

Vier Jahre siecht sie nun im Heim.

Für ihre Ärzte scheint ein Schub Demenz verantwortlich zu sein,

Dass sie sich wiederum daheim bei ihrer Tochter wähnt.

In ihrem rheinischen Akzent,

Dem Singsang einer Lerche gleichend,

Gibt sie aber denen, die verstehen wollen, zu verstehn

Und will mit allen Mitteln sie erreichen,

Dass ihr Kind sie wieder aufnimmt; sie ist kaum dement.

 

Die andre Tochter ist anderswo, ist nicht mehr da,

Ging wies heißt freiwillig aus dem Leben vor nem Jahr.

Erst gestern jährte sich ihr Todestag.

Der Mutter, angeblich so vergesslich, ist das arg präsent.

Der Richter, der sie anhört, spricht, dass sie zu ihrem Schutz

Im Spiegelgrund zu bleiben hat,

Wobei natürlich keiner hier verkennt,

Dass dieser Klinikaufenthalt im besten Fall der Klinik nutzt.

 

A.R.